Düsseldorf. Vom 5. April bis 10. August feiert die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt ihre dritte Quadriennale. Ein Highlight ist die Schau „Kandinsky, Malewitsch, Mondrian“ im K20 – sie führt in den „weißen Abgrund Unendlichkeit“.

Soviel Kunst geht auf keine Netzhaut: Dreizehn Institutionen vom Großmuseum über Galerien bis zur Akademie und gleich fünf Kuratoren haben sich in Düsseldorf für ein ehrgeiziges Festival zusammengerauft, das ab morgen mindestens 250 000 Besucher in Ausstellungen, auf der Straße und im Internet locken und beglücken soll und konkurrenzlos ist in der Kunstrepublik Deutschland. „Über das Morgen hinaus“ heißt das – etwas überspannte – alles überspannende Leitthema. Dabei darf und wird eine ganz besondere Ausstellung auch im großen Highlight-Gewitter nicht untergehen: „Kandinsky, Malewitsch, Mondrian – Der weiße Abgrund Unendlichkeit“ in der Kunstsammlung NRW am Grabbeplatz.

Rund 120 nur sehr selten ausgeliehene, teils kostbarste Gemälde, Zeichnungen, Architekturen und Bücher werden vor schneeweißen Stellwänden im K20 präsentiert, darunter Werke aus dem reichen eigenen Bestand, aber auch Leihgaben aus dem Guggenheim Museum, dem Museum of Modern Art in New York, der Moskauer Tretjakow-Galerie, dem Pariser Centre Pompidou und aus Australien. Dabei will man nicht „nur“ einige der teuersten Kunstwerke der Welt präsentieren; man will der Frage nachgehen, welche Bedeutung für diese drei Riesen der Moderne die Farbe Weiß hatte.

Die sehen wir – mit den Fingern aufgetragen – auf Kasimir Male­witschs magischem „Schwarzen Quadrat“; die finden wir, das Licht einfangend, bei Piet Mondrian mit dem trockenen Pinsel auf die Leinwand gekratzt; die eröffnet bei Wassily Kandinsky die Tür zu einer neuen, vielleicht geistigen Dimension, über die Anfang des vergangenen Jahrhunderts sehr ernsthaft von Naturwissenschaftlern, Philosophen und Okkultisten spekuliert wurde und die die Künstler sichtbar zu machen versuchten.

Wie ein Asteroid durchs Museum

Das Weiß in allen Schattierungen hat es in sich: als Nicht-Farbe, die alle Farben und Formen birgt oder auslöscht, als Metapher für unendliche Möglichkeiten und Abgründe, als „Zeit“, die Kandinsky 1911 in seiner „Romantischen Landschaft“ zu malen versuchte, oder als Utopie einer idealen, freien Gesellschaft, die Male­witsch in der Unendlichkeit vor sich liegen sah. Wer sich in der klug und klar aufgebauten Ausstellung auf einzelne Werke einlässt und der Idee folgt wie Carrolls Alice dem weißen Hasen, mag hier „über das Morgen hin­aus“ und die Klassiker der Abstraktion mit neuen Augen sehen.

Dabei könnte es helfen, zuvor den „Ausstellungsguide“ des dänischen Weltkünstlers Olafur Eliasson in der Grabbe-Halle zu befragen. Dessen mit elf kurzen Filmen unterfütterte Licht-Rauminstallation, in der ein einziger Lichtstrahl Kometen und Gedanken kreisen lässt, wirkt wie ein ironischer Kommentar zum großen Düsseldorfer Kunstparcours, der zu allzu atemloser Kunst-Hatz verleiten könnte: Statt Fakten, Fakten, Fakten zu liefern stellt er in aller Ruhe beunruhigende Fragen: Wie fühlt es sich an, mit seinen Sehgewohnheiten zu brechen? Wie wäre es, sich Zeit fürs Staunen zu nehmen, seinen Sinnen zu trauen und wie ein Asteroid durch das Museum zu schweben? Und was, wenn die Kunst gar keine Kunst wäre? Natürlich gibt es diese Fragen und den Ausstellungsführer auch – über morgen hinaus – auf Leih-iPads am Ort und einer kostenlosen digitalen App.

Informationen und Aktionen

Kandinsky, Malewitsch, Mondrian, 5.April-6.Juli, K20, Grabbeplatz 4, 40213 Düsseldorf; Olafur Eliassons „Ausstellungsguide“ bis zum 10. August ebendort.
 

An der Quadriennale, die heute um 18.50 Uhr mit der „Fanfara Futurista“ des Komponisten Rochus Aust auf den Dächern von fünf Ausstellungshäusern eröffnet wird, beteiligen sich neben der NRW-Kunstsammlung K20/K21 das Museum Kunstpalast („Kunst und Alchemie“), Kunsthalle und Kunstverein, Kunst im Tunnel, das Filmmuseum, Hetjens-Museum, das inter media art institut, die Juli Stoschek Collection, Kai 10/Arthena Foundation und die Langen Foundation auf der Raketenstation Hombroich (Otto Piene).

Dazu gibt es Kunst-Aktionen in der Stadt, u.a. „Urban Gardening“ am Rheinufer, Licht-Installationen am Ehrenhof und ab 22 Uhr eine Eröffnungsparty mit DJ Solar Plexus im NRW-Forum. Am Samstag öffnen ausgewählte Galerien von 18-21 Uhr ihre Türen und zeigen Kunst von heute und morgen.

Tageskarten kosten 20 Euro, 2-Tageskarten 30 Euro, sonst gelten für die Ausstellungen die jeweiligen Einzelpreise der Museen und Kunsthäuser. Das Quadriennale-Programm samt weiterer Informationen unter www.quadriennale-duesseldorf.de. Quadriennale-Hotline: Tel. 0211 8999919