Wanne-Eickel. Das Pech, als einziger ein Telefon zu haben, und Der Mondpalast von Wanne-Eickel holt Shakespeare auf den Markt und ins Revier – die Komödie von Sigi Domke mit dem herrlichen Irrwitz der 50er-Jahre und lustigen zeitlichen Unstimmigkeite wurde bei der Premiere mit großem Beifall gefeiert.

Angesichts der neuen Konkurrenz auf dem Wochenmarkt greift Obsthändler Hartmann (Ekkehard Eumann) zu neuen Verkaufsargumenten. Seine Äpfel stammen ja aus der Region, das ist doch ökologisch ganz ganz wichtig.

Im Volkstheater „Mondpalast“ ist das wieder einer jener Momente, in denen der Zuschauer gar nicht anders kann als vor Lachen loszuprusten. Denn in der Nachkriegszeit, in den 50er-Jahren spielt „Othello, der Schwatte von Datteln“, lag der Gedanke an Öko, Bio und Political Correctness noch so weit weg wie Wanne-Eickel von Sizilien.

Dass Autor Sigi Domke seinen Helden immer wieder Anspielungen auf die ungeahnte Zukunft zuschreibt, verleiht dem turbulenten Geschehen (Regie Thomas Rech; Ausstattung Mathias Handrick) seinen Reiz.

Südfrüchte-Händler mit Italo-Akzent

In der sehr sehr frei mit Shakespeare jonglierenden Hommage auf den Wochenmarkt erfährt eine kleine Welt einen großen Umbruch. Vieles macht ratlos, erscheint sinnlos. Was soll einem ein Telefon, wenn man der einzige weit und breit ist, der so ein Ding besitzt und (Horrorgedanke für alle Handy-Daddler) niemanden anrufen kann? Das „Reste-Essen“ Pizza? Wird sich in einer Million Jahre nicht durchsetzen.

Als Südfrüchte-Händler Marcello (Dirk Emmerich mit köstlichem Italo-Akzent und -Gestus) seinen Stand von Datteln nach Wanne verlegt, setzt unter den Alteingesessenen zunächst nur unaufgeregtes Rätselraten ein. Wo is’ der wirklich wech? „Der kommt n bissken watt nördlich vom Neger wech.“ Und watt will der verkaufen? „Südfrüchte? Na Gott sei Dank kein Obst!“

„Die Liebe ist ein seltsames Spiel“

Doch dann stechen Marcellos Apfelsinen (so etwas wie die Bananen der Westzonen) nicht nur Hartmanns saure Äpfel in der Käufergunst aus; der „Schwatte“ bandelt auch mit dem Töchterlein von Kartoffelhändler Mehlig (Axel Schönnenberg) an. Diese von der Italien-Sehnsucht der 50er befallene Mona (Alma Gildenast) ist zwar eigentlich Lorelei, hat ständig die Bürste in der Hand und deshalb die Haare immer schön.

Doch ist sie Desde-Mona genug, um Jago in Gestalt des kriegsversehrten Markt-Müllmannes Jakob Goschinsky (Martin Zaik) aktiv werden zu lassen. Unter den argwöhnischen Augen seiner Fisch verkaufenden Frau Emmi zettelt Jakob eine Intrige an und treibt Marcello in den Wahnsinn der Eifersucht. Natürlich irritiert dessen ungewöhnliche Emotionalität, Italiener sind ja so kompliziert. Eine Erklärung? „Naja, 60 Regierungen in den nächsten 60 Jahren – das spricht für sich.“

„Die Liebe ist ein seltsames Spiel“, singt Connie Francis, und dieses Spiel geht, anders als bei Shakespeare, natürlich bestens aus, nachdem die scheintote Mona durch äußerst ungewöhnliche Mund-zu-Mund-Beatmung ins pralle Leben zurück geholt worden ist. Ende gut, oder, mit Little Richard, „Tutti frutti“.

Termine: 4., 5., 11., 12. April (20 Uhr); 6., 13. April (17 Uhr). Tel. 02325-588999