Essen. . Maschine einschalten, einsteigen und ab geht es – durch die Zeit. Zumindest im Film und in der Literatur gibt es zahlreiche Erfinder, die den Traum von der Zeitreise Wirklichkeit werden lassen: von H.G. Wells „Die Zeitmaschine“ bis zu aktuellen Bestsellern. Eine Übersicht.

Glücklich, wer ganz entspannt im Hier und Jetzt lebt. Doch steht dem Glück der Gegenwart die Sehnsucht im Weg: Das Rad der Zeit zurückdrehen zu können, mit dem entschiedenen Schwung des Hätteichnur, des Waswäregewesenwenn. Oder einen Blick in die Zukunft zu wagen – um nur mal schnell zu lünkern, wem demnächst die Stunde schlägt?

Zumindest die Literatur hat sie schon erfunden: die Zeitreise. Nicht erst, seit H.G. Wells mit dem Werk „Die Zeitmaschine“ 1895 das Genre begründete, ist die Zeit und das Reisen ein erzählerisches Faszinosum. Im klassischen Altertum geschah das Lünkern mit Hilfe eines Orakels; Helden wie Ödipus versuchten, durch ihr Verhalten in der Gegenwart das in der Zukunft dräuende Unheil abzuwenden – mit bekannt tragischem Ausgang. Auch Wells wollte durch seine sozialkritische Zukunftsversion auf die Gegenwart einwirken. Nachfolgende Zeitschreibende versuchten häufiger, den Weltenlauf im Rückgriff zu korrigieren – nicht zuletzt durch die Traumata zweier Weltkriege hielt die Frage des Ungeschehenmachenkönnens Einzug in die Literatur.

So träumte Stephen Fry etwa in „Geschichte machen“ davon, Hitler wäre nie geboren worden. Kurt Vonnegut lässt in „Schlachthof 5“ im Dresdner Bombenhagel einen Soldaten von einem Zeitfenster des Lebens ins nächste springen. Zuletzt hat Stephen King mit „Der Anschlag“ der amerikanischen Geschichte ein Hintertürchen geöffnet: Der Held sucht das Attentat auf John F. Kennedy zu verhindern – muss am Ende aber einsehen, dass dadurch beinahe die gesamte Menschheit das Zeitliche gesegnet hätte.

Diese Erkenntnis darf man getrost das „Zurück-in-die-Zukunft“-Phänomen nennen. Im ersten Film der Reihe hätte Marty McFly bei seiner Reise in die Vergangenheit beinahe die eigene Zeugung verhindert: weil sich seine Mutter in ihn verliebt anstatt in seinen Vater. Was ein Augen-Blick zur falschen Zeit anrichten kann!

Mit vielen amourösen Momenten auf mehreren Zeitebenen spielen gleich drei Bestseller der jüngeren Vergangenheit: In Audrey Niffeneggers „Die Frau des Zeitreisenden“ geschehen die Zeitreisen ganz unfreiwillig und aufgrund genetischer Prägung, in Felix J. Palmas Erfolgsroman „Die Landkarte der Zeit“ gleichen sie ob ihrer Häufigkeit bereits dem Gewese des Pauschaltourismus. Andrew Sean Greers „Erstaunliche Geschichte des Max Tivoli“ schließlich erzählt von einem, dem der Zahn der Zeit nichts anhaben kann – weil er als 70-Jähriger auf die Welt kommt und von hier aus immer jünger wird. Eine Herausforderung für die Liebe – und den Chronisten auch!

Auch im deutschen Sprachraum hat der Zeit-Tourismus neue Verkehrswege gefunden. In „Weitlings Sommerfrische“ nähert sich Sten Nadolny der eigenen Biografie, indem er ihre Alternativen auslotet – bedingt durch einen Segelunfall, der ihn in die eigene Jugend katapultiert. Und der Schweizer Erfolgsautor Martin Suter erfindet in „Die Zeit, die Zeit“ gleich eine ganze Theorie rund um Zeit und Raum, die zugleich einen Mord aufklären und ein Liebespaar vereinen soll.

In der Jugendliteratur, die spätestens seit Michael Endes „Momo“ um die Kostbarkeit jeder einzelnen Stunde weiß, feiert die Zeitreise derweil eine fröhliche Mitternachtsparty. Kerstin Giers Edelstein-Trilogie verbindet die Idee der Zeitmaschine mit einem guten Schuss Harry-Potter-Magie – und entspricht damit offenbar dem Zeitgeist.

Und nachdem Eoin Colfer in der Reihe um Artemis Fowl bereits die Zeit wie ein Gummiband ausdehnte und zusammenschnurren ließ, stellt er nun mit „W.A.R.P.“ eine neue Serie vor: Darin dient die Zeitreise dem FBI als höchst effektives Zeugenschutzprogramm.

Alles hat seine Zeit – auch das Verbrechen.