Berlin. US-Regisseur Darren Aronofsky findet in der Bibel zahlreiche Heldenfiguren und die “eigentlichen Superhelden-Storys“. In “Noah“ wagt er sich an eine Neuinterpretation der biblischen Geschichte um Noah und den Bau der Arche. Im Interview spricht der Regisseur über Noah, Religion und Umweltschutz.

US-Regisseur Darren Aronofsky wurde bekannt durch Filme wie "Requiem for a Dream" (2000) oder "The Wrestler" (2009). Das neue, mit einem großen Budget ausgestattete Werk des 45-Jährigen über die biblische Sintflut und den Untergang der Welt führte bereits vorab in den USA zu Diskussionen rund um religiöse Gruppierungen; einige muslimische Länder haben angekündigt, den Film "Noah" nicht ins Kino zu bringen, da er religiöse Gefühle verletze und den Lehren des Islam widerspreche. Im Interview der Nachrichtenagentur dpa erzählt Aronofsky, was er an Papst Franziskus schätzt und warum Bibel-Figuren wie Noah die eigentlichen Superhelden sind.

Stimmt es, dass Sie von der biblischen Figur des Noah seit Ihrem 13. Lebensjahr fasziniert sind?

Darren Aronofsky: Ja, ich habe schon in der siebten Klasse ein Gedicht geschrieben, mit dem ich einen Wettbewerb gewonnnen habe. Das Gedicht war über Noah. Es hat mich zum Schreiben gebracht. Und als ich nach meinem ersten Film, "Pi", nach Los Angeles ging, begann ich über mögliche weitere Filme nachzudenken. Einer davon war "Noah".

Was genau fasziniert Sie an Noah?

Aronofsky: Was mich wohl fasziniert hat, als ich jünger war, war, dass Noah die Tiere jeweils als Pärchen rettet, in Zweiergruppen. Das ist einfach so eine großartige, eine coole Idee. Wenn man dann älter ist und sich die Geschichte einmal richtig ansieht, merkt man, dass das eine sehr ernste Geschichte ist über die erste Apokalypse, über die Zerstörung der Welt, all der Tiere, Pflanzen und Bäume, die es nicht auf die Arche geschafft haben.

Religion oder auch Spiritualität spielen in einigen Ihrer Filme eine Rolle. Selbst in dem Drama "The Wrestler" gibt es eine Szene, in der Marisa Tomei über die Passion Christi spricht. Was interessiert Sie am Thema Religion?

Aronofsky: Das ist eine schwierige Frage. Ich könnte ewig darüber reden, warum Religion faszinierend ist. Sie ist einfach ein so wichtiger Teil unserer Existenz: Was ist Religion? Warum fühlen wir uns zur Religion hingezogen? Was verbindet uns Menschen mit Religion? All das ist sehr interessant.

Bibelfilme scheinen en vogue zu sein, in den USA ist jüngst "Son of God" angelaufen über das Leben Jesu, nun kommt Ihr "Noah" und später im Jahr Ridley Scotts "Exodus". Nur ein Zufall?

Aronofsky: Ich denke, das ist nur ein Zufall. Interessant aber ist, dass es erstmals seit sehr langer Zeit zwei vom Alten Testament inspirierte Geschichten gibt: "Noah" und Ridley Scotts "Exodus". Das ist interessant, denn seit 50 Jahren hat niemand so ein biblisches Epos gemacht. Wir versuchen das seit zehn Jahren. Als ich vor zehn Jahren einen derartigen Film vorschlug, konnte Hollywood sich noch nicht recht vorstellen, was ich damit meinte. Für mich sind das die eigentlichen Superhelden-Storys. Sie sind auch besser geschrieben als andere Superhelden-Geschichten, und Noah muss ja auch wirklich die Welt retten. Ich bin froh, dass endlich einige dieser Geschichten im Kino erzählt werden.

Vor einem Jahr wurde Franziskus neuer Papst, der so populär ist, dass ihn sogar das Musikblatt "Rolling Stone" aufs Titelblatt nahm. Glauben Sie, dass es eine neue Sehnsucht gibt nach religiösen, nach spirituellen Vorbildern?

Aronofsky: Ich weiß nicht, ob sich das geändert hat, aber dieser Papst ist wirklich interessant. Mir hat es gefallen, dass er in seiner ersten Predigt darüber gesprochen hat, dass wir alle Verwalter der Schöpfung und verantwortlich für die Umwelt sind. Da gibt es eine starke Verbindung zu der Idee, dass Noah die Tiere retten muss und verantwortlich für die Schöpfung ist.

Kann man denn sagen, dass Ihr Film "Noah" eine Botschaft im Sinne des Umwelt-, des Tierschutzes beinhaltet?

Aronofsky: Natürlich. Für mich ist das das dringendste Thema unserer Zeit, unsere Verbindung zu diesem Planeten. Und viele sprechen ja auch davon, dass wir uns bereits an einem Wendepunkt befinden oder schon darüber hinaus sind. In dieser Hinsicht ist "Noah" also ziemlich aktuell. Wir leben ja heute genau die zweite Chance, die Noah durch den Schöpfer erhalten hat, und ich weiß nicht, wie das Urteil über uns heute ausfallen würde.

In den USA gab es vor Filmstart eine Kontroverse anlässlich von Umfragen und Testvorführungen mit christlichen Konsumenten und der Frage, ob diese einen Film wie "Noah" gutheißen. Haben Sie während der Planung daran gedacht, was Gläubige über den Film denken könnten?

Aronofsky: Nein, weder das Drehbuch noch die Dreharbeiten oder der Schnitt wurden durch so etwas beeinflusst. Wir haben uns den originalen Bibel-Text angesehen und wollten dem auch nicht widersprechen. Wir wollten ihn aber für das 21. Jahrhundert lebendig machen. Es gab keinerlei Einfluss von irgendeiner religiösen Gruppe auf diesen Film.