Bielefeld. Die Bielefelder Kunsthalle zeigt unter dem Titel “Das Glück in der Kunst. Expressionismus und Abstraktion um 1914“ nahezu 400 Werke aus jener Zeit. Im Zentrum steht der in Bielefeld geborene Künstler Hermann Stenner. Sämtliche Arbeiten stammen aus dem Privatbesitz des Kunstsammlers Hermann-Josef Bunte.
"Morgen geht's ran an den Feind", schrieb Hermann Stenner am 30. November 1914 an seine Eltern. Fünf Tage später fiel der 23-Jährige an der Ostfront. Die Bielefelder Kunsthalle widmet dem Maler jetzt eine große Ausstellung. "Das Glück in der Kunst. Expressionismus und Abstraktion um 1914" zeichnet den künstlerischen Werdegang Stenners nach. Seine Arbeiten werden in den Kontext der Werke von 47 seiner Zeitgenossen wie Ernst Barlach, Max Liebermann, August Macke, Franz Marc und Emil Nolde gestellt (21. März bis 3. August).
Die knapp 400 Exponate stammen aus dem Besitz des Bielefelder Rechtswissenschaftlers und Kunstsammlers Hermann-Josef Bunte. Als Referendar begegnete Bunte 1974 hier in der Kunsthalle Bielefeld erstmals den Bildern des Expressionisten Stenner (1891- 1914).
Sofort, so erinnert sich Bunte heute, war er "Feuer und Flamme" für das Werk des in Bielefeld geborenen Künstlers. Der hatte innerhalb von nur fünf Jahren mehr als 1700 Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen geschaffen. Bunte begann zu sammeln - und zwar nicht nur Arbeiten Stenners, sondern auch die seiner Weggefährten und Zeitgenossen.
Sammlung Bunte erstmals öffentlich
Vier Jahrzehnte später umfasst die Sammlung des heute 73-jährigen Juristen rund 950 Exponate. "Hermann Stenner hat von 1909 bis 1914 eine rasante künstlerische Entwicklung von den spätimpressionistischen Anfängen bis zum ausgereiften Expressionismus vollzogen und in jeder Phase Meisterwerke geschaffen, die von seinem immensen Empfinden für Farbe und Form zeugen", schwärmt Bunte.
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Die Sammlung Bunte, die erstmals in diesem Umfang öffentlich gezeigt wird, verfolgt den Weg des damals 18-jährigen Stenners von Westfalen nach Süddeutschland. Mit dem westfälischen Expressionismus, vertreten durch Künstler wie den zwei Jahre älteren Peter August Böckstiegel, erlebte der Sohn eines Bielefelder Malermeisters in seiner Heimatstadt den Aufbruch in eine neue moderne Kunst.
"Einer der besten Maler Deutschlands"
Sind seine ersten Arbeiten wie "Kaffeegarten am Ammersee" mit ihren Farbtupfern in Pastelltönen noch impressionistisch geprägt, so findet er in der Meisterklasse von Adolf Hölzel in Stuttgart den Weg zu Expressionismus und Avantgarde. "Auferstehung" und "Damenbildnis mit Lilie" sind die letzten Bilder Hermann Stenners aus dem Jahr 1914, bevor er - wie viele seiner Künstlerkollegen - euphorisch in den Krieg zog.
"Die große Intensität und Verdichtung der Bildsprache zeigen, dass Stenner zu diesem Zeitpunkt seine Ausdrucksweise gefunden hat und souverän damit umgeht", sagte Jutta Hülsewig-Johnen, Kuratorin der Bielefelder Ausstellung. Der Maler, Autor und Hochschullehrer Willi Baumeister (1889-1955) sagte bereits vor Jahrzehnten anerkennend: "Er wäre einer der besten Maler Deutschlands gewesen, wenn nicht der sinnlose verbrecherische Krieg seine Opfer geholt hätte." (dpa)