Oberhausen. . Vom Schweigen und Verschweigen: Thomas Hürlimanns Novelle verwandelt sich dank Margot Gödrös und Hartmut Stanke zu einem großen Schauspielerabend.

Ein Gebäudetrakt aus locker arrangierten weißen Stellwänden, ein Gartentisch-Ensemble, ein Sessel, Blätter fallen, der nackte Boden des Herbstgartens ist laubbedeckt, die Szene atmet Tod, Vergängnis: Das erste Bild, das den Zuschauer im Theater Oberhausen empfängt, ist von geradezu tschechowscher Anmutung (Ausstattung Kaspar Zwimpfer).

Doch das titelgebende „Gartenhaus“ steht nicht im Kirschgarten der Ranjewskaja; sondern irgendwo in der Schweiz und ist zentraler Handlungsort in Thomas Hürlimanns 1989 erschienener gleichnamiger Novelle, deren von Stefanie Carp erarbeitete, auf vier Personen reduzierte Bühnenfassung im Großen Haus uraufgeführt wurde.

Der seit der Geburt kränkelnde Sohn von Lucienne (Margot Göd­rös) und dem „Oberst“ (Hartmut Stanke) ist jung, noch vor der Aufnahme in die Militärakademie, gestorben. Tochter Zizi (Susanne Burkhard) und Schwiegersohn Schacht (Klaus Zwick) stehen dem Streit der Alten um die angemessene Form des Gedenkens, um Trauer und deren Bewältigung hilflos ge­genüber. Der Oberst möchte einen schlichten Rosenstock auf dem Grab, Lucienne (die sich durchsetzt) einen monumentalen Granitblock. Die beiden, deren Leben mit dem Tod des Sohnes eigentlich erschöpft ist, rüsten zum letzten Duell; der tägliche Gang zum Grab wird zu Selbstverpflichtung und -behauptung. Bis sich für den Oberst die Motivationslage ändert.

Er ist einer streunenden, verwahrlosten Katze begegnet. Fortan geht, schleicht sich der pensionierte Offizier nur noch zum Grab, um hinter dem Rücken seiner Frau mit lang entbehrter und nun neu entdeckter militärischer Akribie das Tier zu füttern und zu pflegen (das ist die „unerhörte“ Novellen-Begebenheit). Bis Lucienne sein Geheimnis entdeckt.

Es ist eine kleine, fast belanglose und unspektakuläre Geschichte, die Regisseur Peter Carp auf die Bühne bringt. Eine Geschichte, in der es um Tod geht und dessen Verdrängung, um Schweigen und Verschweigen, um Rücksichtnahme, um absterbende Gefühle und deren Neuerweckung. Eine anrührende Geschichte mit leisem Happy End, in der Melancholie, Komik, Satire und Gesellschaftskritik aufs Feinste verflochten sind und die in Oberhausen, vor allem Dank der Darstellkunst von Margot Gödrös und Hartmut Stanke, auch einen großen Schauspielerabend bietet. Ohne die fast permanente, weder dramaturgisch noch atmosphärisch irgendwie hilfreiche Musikberieselung hätte es sogar ein ganz großer Abend werden können.