Essen. . Die Buchbranche sonnt sich im Schein guter Verkaufszahlen – und punktet mit dem eigenen Reader auch im Internet-Geschäft. Zugleich verdoppelte sich der Umsatz der E-Books. Warum die elektronischen Bücher den gedruckten dennoch nicht den Rang ablaufen – ein Überblick über die Buchbranche.
Mit strahlend blauem Himmel wird Leipzig heute die ersten Gäste der Buchmesse empfangen: Wie gut, dass die Branche ihr großes Frühlingsfest nicht nur in den klimatisierten Messehallen, sondern auch mit einem Lesemarathon an den schönsten Plätzen der Stadt feiert – 3200 Veranstaltungen und 2200 Messestände locken, mehr denn je.
Obschon die Literaturwelt das Höher-Schneller-Weiter der dahinhastenden Gegenwart gerne geißelt, genießt sie den Aufwind dieses Frühlings: Der Branche geht es so gut wie lange nicht mehr. 4,2 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr für Bücher aus, ein Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei gingen sie häufiger als zuvor in die Buchhandlung um die Ecke, anstatt rasch im Internet zu bestellen. Die rückläufigen Zahlen des Internethandels hingen, „sicherlich mit der Diskussion über Amazon zusammen“, sagt Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: „Offensichtlich schätzen die Leute doch wieder ein überschaubares, gutes Sortiment, gute Beratung und ein gutes Angebot sehr hoch ein.“
Auch vom größer werdenden E-Book-Kuchen hat sich der deutsche Markt ein großes Stück gesichert. Seit genau einem Jahr ist der Reader „Tolino shine“ auf dem Markt, ein Gemeinschaftsprodukt von Telekom, Thalia, Hugendubel, Weltbild und Club Bertelsmann – eine klare Kampfansage an Amazons „Kindle“.
Reader: „Tolino“ jagt den „Kindle“
Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein: „Es ist uns gelungen, eine starke und relevante Nummer zwei auszubauen“, versichert Mirjam Berle, Thalia-Pressesprecherin: „Die Zahlen“ – die aber doch geheim bleiben – „liegen weit über unseren Erwartungen. Das ist weltweit einzigartig und darauf sind wir sehr stolz.“ Der „Tolino shine“ erlaubt den E-Book-Kauf im Epub-Format und ist damit, anders als Amazons „Kindle“, nicht auf das Angebot eines Internethändlers beschränkt.
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft brachten die Kooperationspartner zwei „Tolino“-Tablets auf den Markt. Offenbar gibt es schon bald auch einen neuen Reader: Beim Essener reddot-Designwettbewerb wurde ein „Tolino Vision“, eingereicht von der Telekom, gesichtet – unterdessen nur noch als Archivseite im Netz zu finden. Man darf gespannt sein.
Für die Branche wird es zunehmend wichtiger, bei den elektronischen Büchern ganz vorne mit dabei zu sein: Der Umsatz der E-Books verdoppelte sich 2013 auf immerhin 200 Millionen Euro. Dennoch, so Heinrich Riethmüller, dürfte ihr Marktanteil selbst auf die kommenden zehn Jahre gesehen die 20 Prozent kaum knacken. Ein Grund: Anders als in den USA, wo man „ein paar hundert Meilen fahren kann, ohne eine Buchhandlung zu finden“, biete das Heimatland des Buchdrucks ein großes Händlernetz.
Die Verlage kämpfen wiederum dafür, dass der verbilligte Mehrwertsteuersatz für Bücher (sieben statt 19 Prozent) auch für E-Books gilt. Kulturstaatssekretärin Monika Grütters hat bereits versprochen, dieses Anliegen auf die EU-Agenda zu setzen – „nur so können wir im Zeitalter digitaler Technologien die Vielfalt unseres Bücherangebots sichern“.
Leipzig, diese Woche: Himmelblau und sonnig.