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. Am 2. April wird der Komponist und Regisseur Heiner Goebbels (61) das Programm für seine letzte Spielzeit als Intendant der Ruhrtriennale bekanntgeben.

Frage: Herr Goebbels, was bekommen wir zu sehen?

Heiner Goebbels: Eines der wenigen Dinge, die ich zum jetzigen Zeitpunkt schon verraten kann, ist die Eröffnungspremiere – die ich nicht ganz zufällig noch einmal übernehmen werde: ein Werk von einem Komponisten, dessen Musik ich sehr schätze, der wichtigste zeitgenössische Komponist in den Niederlanden, Louis Andriessen. „De Materie“ ist seine erste Oper und erst einmal inszeniert worden. Eine Oper, die nicht über Einfühlung und Identifikation funktioniert, sondern eine Oper zum Nachdenken – was bei Andriessen allerdings etwas sehr Sinnliches und Konkretes sein kann. Komponiert wie ein Buch aus vier Kapiteln, geht es um das Aufeinandertreffen von Gesellschaft und Individuum, Politik und ­Einzelschicksal. Die insgesamt vier Teile erlauben es, mit ihnen unsere eigene ­Erfahrungen zu machen, uns selbst darin zu verorten.

Und die Musik?

Ist teils zart, melancholisch, teils sehr dramatisch. Sie eröffnet große Räume. Andriessen weiß um den Reiz der Reduktion und hat Neue Musik, die von der Darmstädter Schule und Donaueschingen geprägt war, früher gern als „Ping-Pong-Musik“ bezeichnet.

Wo führen Sie „De Materie“ auf?

Im Duisburger Landschaftspark Nord.

In unserem ersten Gespräch vor zwei Jahren hatten Sie noch erwogen, neue Spielräume etwa in Dortmund zu erschließen.

Wir haben ja Dortmund bereits in 2013 bespielt – in der Zeche Zollern war die Ruhrtriennale zum ersten Mal. Aber die Hallen stehen aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Renovierungsarbeiten nicht immer zur Verfügung. Wir haben mit den Künstlern dafür viele andere neue Orte gefunden oder wiederbelebt: die Halde Haniel, das Museum Folkwang, die Mischanlage in der Kokerei Zollverein, das Maschinenhaus in Essen und den Westpark in Bochum.

Was ist denn eigentlich aus den Instrumenten geworden, die für Ihre Inszenierung von Harry Partchs Oper „Delusion of the Fury“ gebaut wurden?

Erfreuen sich großer Resonanz! Wir zeigen das Stück in diesem Jahr in Genf, beim Holland Festival und beim Edinburgh Festival, nächstes Jahr in New York. Aber meine Inszenierung war nur der Startschuss für eine zehn- bis 20-jährige Perspektive für die Instrumente; mit der Möglichkeit, das ganze Oeuvre von Partch in Europa aufzuführen. Ich finde ja, Partch klingt manchmal wie frühe experimentelle Pop-Musik, mit einer großen Körperlichkeit – wie bei den „Pet Sounds“ der Beach Boys oder „I Am the Walrus“ von den Beatles.

Was denken Sie über den Rekord an verkauften Karten in der Triennale-Saison 2013?

Er hat mich überrascht. Ich schiele mit meinem Programm nicht darauf. Es war aber vor allem eine sehr schöne Bestätigung für den Weg, nicht das zu zeigen, was man aus dem Repertoire schon kennt und überall zu sehen ist, sondern was es sonst nicht gibt. Ich mache ja ein sehr persönliches Programm und bin nicht der Impresario, der einkaufen lässt, was Rang und Namen hat. Das würde bei vielen anderen Festivals und Häusern nicht funktionieren.

Warum nicht?

Weil das Publikum nicht überall so offen ist wie hier. Ich kenne Festivals in aller Welt, in New York, Sydney, Manchester – die müssen viele Zugeständnisse machen. Das Publikum hier hat ein Riesenkompliment verdient für seine Beweglichkeit – nicht nur die räumliche, sondern auch die intellektuelle.