Düsseldorf. . In der Auftragskomödie „Betrunkene“, die im Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt wurde, lässt der russische Dramatiker Iwan Wyrapajew seine Protagonisten weinselige Wahrheiten aussprechen. Dabei bewegen sich die Darsteller elegant auf dem schmalen Grat, der Glaubwürdigkeit von plumper Parodie trennt.

Kinder und Betrunkene lügen nicht, im Wein liegt die Wahrheit. In seiner Auftragskomödie „Betrunkene“, die im Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt wurde, lässt der russische Dramatiker Iwan Wyrapajew seine Protagonisten diese Volksweisheiten präzisieren: „Was Gott in Gedanken hat, hat der Betrunkene auf seiner Zunge. Und Gott spricht durch seinen betrunkenen Diener: Bloß nicht in die Hosen machen.“

Soll heißen: Keine Angst davor zu haben, sich die gegenseitigen Lügen und den damit verbundenen Selbstbetrug, die das anerkannte Fundament bilden für ein privat, gesellschaftlich und beruflich halbwegs erträgliches, stabiles Leben, einzugestehen. „Das ist die Main Message von Gott - den eigenen Arsch greifen und aus der ganzen intellektuellen, rationalen Scheiße rausziehen, in der wir sitzen.“

Gut gesprochen. Doch der Zuschauer weiß: Dem Suff wird der Kater folgen und dem unweigerlich die Ernüchterung.

Im Umfeld eines internationalen Filmfestes spüren Menschen in acht wechselnden Zecher-Konstellationen und mit wechselnden Ergebnissen dem nach, was die Welt im Innersten zusammenhält. Jungdynamische Banker, PR-Manager und Industriebosse nebst Vorzeige-Frauen, Models, Prostituierte…

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Rasante Komödie in kongenialem Bilderreigen

Um Gott in seinen Wirk- und Offenbarungsformen geht es und damit um das Wesen der Liebe, um tiefe Schuld und flache Entschuldigung, um Verdrängung, um emotionale Leere in der westlichen Gesellschaft. „Die Sache ist ja die“, lallt ein Sales Manager, „dass meine Generation, verfickt noch einmal nichts fühlt, nichts wirklich fühlt. Nichts – nur diese Aufgeilerei und Sex kennt, Arbeit und Alk. Wir haben den Bezug zur Realität verloren…“ Natürlich wird auch dieser Erkenntnisrausch verfliegen.

Iwan Wyrapajew hat Düsseldorf eine rasante Komödie beschert, die eine große Komödie ist, weil mit jedem Dialog- und Situationswitz Kernfragen angesprochen werden und das furiose Gag-Feuerwerk gnadenlos auch das Tragikomische oder gar Tragische der menschlichen Existenz ausleuchtet. Was leider etwas nervt, ist - jedenfalls in der deutschen Übersetzung – die Überbetonung des vermeintlich modernen F-Wortes.

Auf schiefer, später abgesenkter Ebene, auf die gelegentlich weiße Möbel vom Bühnenhimmel herabgelassen werden, entfaltet das russische Inszenierungsteam um Regisseur Viktor Ryschakow einen kongenialen Bilderreigen. Das Geschehen lebt nicht zuletzt von den rasanten Tempowechseln in den alkoholseligen Dialogen, und diese übergangslose Abfolge von Stammeln, Stakkato und Verstummen wird von den „Betrunkenen“ grandios gemeistert. Die 14 teilweise absurd gestylten oder kunstvoll verwuselten Darsteller bewegen sich elegant auf jenem schmalen Grat, der Glaubwürdigkeit von plumper Parodie trennt.

Mit den „Betrunkenen“ kann das krisengeschüttelte Düsseldorfer Schauspielhaus endlich wieder einmal für positive Nachrichten sorgen.

Termine: Großes Haus. 26.Februar; 7., 9., 13. u. 15. März (19.30 Uhr), Tel. 0211-369911