Essen. Bayerns Landesregierung steigt aus der kritischen Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“ aus, will sie aber nicht mehr verbieten lassen: Ende 2015 enden die Urheberrechte des Freistaats am Buch. Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um Hitlers Hetzschrift.

In Bayern gibt es Streit um Hitlers Hetzschrift „Mein Kampf“: Die Landesregierung hat sich – gegen einen einstimmigen Beschluss des Münchner Landtags aus dem Jahr 2012 – aus der Finanzierung der lang geplanten, kritisch kommentierten Ausgabe des Buches zurückgezogen. Kultusminister Ludwig Spaenle fürchtet, eine solche Ausgabe „würde zum Schaden unseres Landes ausfallen.“ Fragen und Antworten zum Thema:

Warum hat ausgerechnet die Bayerische Staatsregierung die Rechte an Hitlers „Mein Kampf“ ?

Hitler war bis zu seinem Tod mit Wohnsitz in München gemeldet, deshalb erbte die Bayerische Staatsregierung sein gesamtes Eigentum, zu dem auch die Rechte an „Mein Kampf“ gehörten. Sie enden mit dem 70. Jahr nach dem Tod des Autors aus, also am 31. Dezember 2015. Danach kann jeder, der möchte, das Buch drucken.

Warum hat Bayern seine Unterstützung zurückgezogen?

Zunächst lautete das Argument, man könne nicht das Verbot der NPD in Karlsruhe fordern und gleichzeitig eine Ausgabe von „Mein Kampf“ (mit bislang 500 000 Euro) finanzieren. Nun heißt es, Ministerpräsident Seehofer sei bei einem Israel-Besuch 2012 von KZ-Überlebenden und Staatspräsident Shimon Peres gebeten worden, die Ausgabe zu verhindern.

Ist es strafbar, das Buch zu verlegen?

Derzeit kann die bayerische Staatsregierung mit den Mitteln des Urheberrechts dagegen vorgehen – bis es ausläuft. Das Münchner Institut für Zeitgeschichte, an dem die kritische Ausgabe entsteht, hat angekündigt, weiter daran arbeiten zu wollen, unter anderem mit Unterstützung der Bundeszentrale für politische Bildung. Die bayerische Staatsregierung hatte zunächst angekündigt, in diesem Falle mit Strafanzeigen wegen Volksverhetzung gegen die Ausgabe vorzugehen. Diese Ankündigung hat Minister Spaen­le nun zurückgenommen.

Ist der Besitz des Buches strafbar?

Nein. In den 50er-Jahren hat Bundespräsident Heuss sogar empfohlen, Neuausgaben zu veröffentlichen – als Abschreckung: „Ein besseres Mittel gegen eine Renaissance Hitlerischer Vorstellungen“ könne es kaum geben.

Kann man „Mein Kampf“ zurzeit kaufen?

Ja. Erhältlich sind kommentierte Teilausgaben und antiquarische Ausgaben – Reste jener zehn Millionen Bände, die bis 1945 gedruckt wurden. Der Bundesgerichtshof entschied 1979, dass Verbreitung und Besitz des Buchs nicht strafbar sind. Außerhalb Deutschlands wurde Hitlers Hetzschrift vielfach nachgedruckt, es gibt sogar Ausgaben auf Hebräisch. Zuletzt machte eine E-Book-Ausgabe in Großbritannien und in den USA Schlagzeilen; Sie verkaufte sich bei Amazon so gut, dass „Mein Kampf“ dort in der Sparte „Propaganda und politische Psychologie“ kurzzeitig den ersten Rang belegte. Kunden aus Deutschland können das Buch nicht herunterladen.

Warum schrieb Hitler „Mein Kampf“? Wie wurde das Buch aufge­nommen?

Den ersten Teil des Buches schrieb Adolf Hitler 1924 während seiner Haft in Landsberg am Lech, den zweiten Teil im Dezember nach der vorzeitigen Haftentlassung – auch, weil er hohe Anwaltskosten zu bezahlen hatte.

Winston Churchill nannte das Buch „einen neuen Koran des Glaubens und des Krieges: schwülstig, langatmig, formlos, aber schwanger mit seiner Botschaft“. Die Rezension in der Frankfurter Zeitung im November 1925 war ein Verriss unter dem Titel „Erledigung Hitlers“.