Raue Stimme, weicher Kern: Mit Songs wie „Wunderschönes Grau” hat der Hanseat die deutschsprachige Soulmusik hof- und chartsfähig gemacht. Im nächsten Jahr wird Gwildis sein aktuelles Album „Wünscht du wärst hier” auch live vorstellen.

Herr Gwildis, man nennt Sie „Deutschlands Antwort auf George Clooney”. Schmeichelt Ihnen das, oder sind Sie komplett uneitel?

Gwildis: Och, mit diesem Burschen verglichen zu werden, finde ich nicht ganz so verkehrt. Clooney ist ein aufmerksamer Mensch, der eine kritische Einstellung hat und auch unbequeme Sachen von sich gibt. Das finde ich gut.

Wie sieht es mit Ihren eigenen Schauspiel-Ambitionen aus – Sie haben ja mal in einem „Tatort” mitgespielt?

Gwildis: Stimmt, es ging da um Neonazis in Deutschland, ein sehr sperriges Thema. So etwas mag ich. Ich habe aber auch Musical gemacht – zuletzt „Große Freiheit” im St.-Pauli-Theater. In der Tradition wird es bestimmt weitergehen.

Sie sollen auch mal als Stuntman gearbeitet haben...

Stefan Gwildis live 2009:

22.2. Bochum (Zeche),

2.4. Düsseldorf (Tonhalle),

4.5. Soest (Stadthalle).

Karten (ca. 27-45 €) gibt's in unserem TICKET-SHOP, unter 01805/280123 oder www.DerWesten.de/tickets

Gwildis: Ja, ich bin am Künstlereingang des Thalia-Theaters vorbeigekommen – und einfach mal reingegangen. Es gab da ein Casting für „Die drei Musketiere” – und ich hatte damals lange Haare und Bart. Das passte wie Arsch auf Pott. Tja, und dann habe ich da eine Ausbildung gemacht, später auch für Film und Fernsehen gearbeitet. Überall, wo Schlägereien gefragt waren, hat man uns als Spezialtruppe gerufen. Das waren großartige Zeiten!

Bei Ihrer Karriere hat also auch der Zufall Regie geführt?

Gwildis: Genau, die Sache am Theater ist dafür sehr beispielhaft. Ich könnte einen ganzen Abend von den Zufällen erzählen, die mir begegnet sind.

Ihren Durchbruch als Musiker haben Sie erst als Mittvierziger feiern können. Sind Sie im Nachhinein froh über diese Verzögerung?

Gwildis: Das ist schwer zu mutmaßen. Aber ich beobachte bei manchen junge Bands, dass die Leute mit 15, 16, 17 manches Schleudertrauma durchleben müssen. Darum beneide ich wirklich niemanden. Aber in meinem Alter kann ich mit dem Erfolg entsprechend gut umgehen. Insofern bin ich über meine Entwicklung eigentlich ganz froh.

Sie konnten vor kurzem Ihren 50. Geburtstag begehen – war das eine echte Zäsur?

Gwildis: Naja, die 50 ist schon ein fettes Ereignis irgendwie, ein Moment der Bilanz. Und ich bin einfach glücklich darüber, dass ich über die Jahre so tolle Wegbegleiter gefunden habe. Das ist ein Geschenk.

Schaut man da auch mal in die Runde und vergleicht sich mit Gleichaltrigen?

Gwildis: Klar, diese Momente gibt es. Aber die Frage ist doch eher, wie man sich geistig gehalten hat.

Ein Stück auf Ihrem neuen Album heißt: „Ich bin Soulfan”. Haben Sie nicht, wie viele Ihrer Altersgenossen, den Umweg über die Rockmusik genommen?

Gwildis: Nein, mein Geschmack war immer diffiziler. Ich habe stets danach geguckt, welche Musik mich an die Hand nimmt. Nach dem Motto: „Stefan, wir machen jetzt mal einen Spaziergang.” Ich mag jazzige Geschichten, aber auch klassische Sachen. Ich fand auch Hildegard Knef klasse oder Emerson, Lake & Palmer.

Einige Ihrer aktuellen Texte behandeln die Unmöglichkeit, Vergangenes zurückzuholen. Stecken konkrete Erfahrungen dahinter?

Gwildis: Ja, den Titelsong „Wünscht du wärst hier” beispielsweise habe ich meinem Vater gewidmet, der kürzlich gestorben ist. Es gibt immer so Situationen, wo ich denke: Mensch, das wäre doch klasse, wenn ich ihn jetzt in den Arm nehmen könnte. Aber das geht leider nicht mehr.

Was empfinden Sie, wenn Sie über Ihre Songtexte Privates mit der Welt teilen?

Gwildis: Das hat durchaus eine therapeutische Wirkung. Wenn man eine Vermeidungshaltung einnimmt, ist es schwer, mit solchen Erlebnissen umzugehen. Aber wenn ich besinge, was ich zu tragen habe, wird's leichter.