Essen. . Thomas Goritzkis Inszenierung hatte am Schauspiel Essen Premiere und wurde mit lang anhaltendem Beifall gefeiert. Ines Krug als Anni und Sven Seeburg als gekidnappter Bestseller-Autor Paul Sheldon liefern großes Schauspieler-Theater ab, das zum Ende hin unter einer Genre-Persiflage begraben wird.

Nein, mit diesem Mann möchte man nicht tauschen. Paul Sheldon, gefeierter Starautor von romantischen Schundromanen um die Titelheldin Misery, gerät nach einem Autounfall in die Fänge einer geistesgestörten Krankenschwester. Aus diesem Plot machte der Horror-Vielschreiber Stephen King Ende der 80er-Jahre einen Bestseller, in dem er die Macht der Literatur, den Fanatismus von Fans und nicht zuletzt seine Ängste und Abhängigkeiten bespiegelt. Der anschließende Filmerfolg des Schockers gründete sich ganz auf die Schauspieler.

Auf die baut auch Regisseur Thomas Goritzki in der etwas zu langen Bühnenfassung von Simon Moore. Goritzki inszeniert sie über weite Strecken als Kammerspiel mit psychologischem Gespür und breiter emotionaler Palette. Die Box des Essener Schauspiels ist wie geschaffen für das kleine Zimmer mit welker 70er-Jahre-Tapete (Bühne: Heiko Mönnich), in dem der Wahn der Anni Wilkes in Schüben aus ihr herausbricht. Er entlädt sich in Demütigungen und Folterungen des Autors, der seine entsorgte Romanheldin um jeden Preis wieder zum Leben erwecken muss.

Ines Krug hervorragend als Anni

Ines Krug ist als Anni hervorragend, wenn sie ihn zärtlich darum bittet, wie eine Furie wütet und dann geistesabwesend in ihre Welt abtaucht. Sven Seeburg begegnet ihr als leidender und kämpfender Paul Sheldon auf Augenhöhe, hat aber zuweilen gegen die Wucht ihrer Verwandlung wenig Chancen.

Das nuancenreiche Spiel muss nach der Pause mehr und mehr weichen. Witz, skurrile Momente und der ausgiebige Griff zu Theatereffekten wie Licht und Geräuschen nehmen Besitz von der Bühne und münden in eine unterhaltsame Persiflage auf das Genre. Nach dem mörderischen Showdown zu Verdis „Requiem“ bleibt eine kleine Kopie Paul Sheldons übrig. Nein, mit dem Mann möchte man nicht tauschen. Trotz des lang anhaltenden Beifalls.