Düsseldorf. Am Düsseldorfer Schauspielhaus erhielt Oscar Wildes betagter „Bunbury“ ein faltenfreies Antlitz. Die straffe, fast anarchisch auf den Witz konzentrierte Inszenierung von Sarantos Zervoulakos hat das Zeug zum Publikumsrenner.
Es geht um die Dekadenz, um Freude an der Doppelmoral, um die unausweichliche Widersprüchlichkeit der „besseren“ Gesellschaft in Oscar Wildes „Bunbury“. Nicht zuletzt deshalb geht die „bessere“ Gesellschaft gern in diese „triviale Komödie für ernsthafte Leute“ hinein, in der die Ironie um sich selber tanzt. Wilde hat das Stück ja binnen dreier Wochen geschrieben, um aus Geldnöten herauszukommen – und vielleicht hilft es nun dem Düsseldorfer Schauspielhaus ein wenig aus der Finanz- und Zuschauermisere. Die straffe, fast anarchisch auf den Witz konzentrierte Inszenierung von Sarantos Zervoulakos hat allemal das Zeug zum Publikumsrenner.
Von der kargen Fotostudio-Bühne mit längst zur Neige gegangenen Champagnerflaschen auf dem Ledersofa landet der Dandy Algernon bald neben der lust(igkeits)betonten Cecily auf der ländlichen Hollywood-Schaukel, bevor sich das Geschehen zum großen Finale der Schaumschläger in den Swimmingpool verlagert. Dass alles nur Show ist, verraten die gelegentlichen Fernsehballett-Einlagen und ein Pianist als klassischer Sidekick von rechts, in dem der Regisseur geschickt mehrere Nebenrollen bündelt. Auch seine Streichungen geben dem alten „Bunbury“ ein fast faltenfreies Antlitz, aus dem Wildes Paradoxien und Sottisen boshaft auf uns herablächeln.
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Abziehbilder der Wirklichkeit
Und seine Typen dürfen Typen sein, die Klischees sind aufgeblasene Abziehbilder der Wirklichkeit. Ingo Tomi ist ein grandios alberner, entweder bizarr oder so gut wie gar nicht bekleideter Algernon, eine Frechheit auf zwei langen Beinen, für eine gute Pointe jederzeit bereit, Freund, Feind oder die Wahrheit zu verraten. Stefanie Rösner gibt die hagere Gwendolen als herausragend aufgeschraubtes High-Society-Girl, das als neusten Chic die Echtheit entdeckt hat – jenen Ernst eben, um dessen Wichtigkeit es ja in diesem überaus heiteren Stück geht. Mit der spießigen Kontrastfigur John (Christoph Schechinger) und der drallen Cecily (Stefanie Reinsperger) ist das Verwechselungs-Quartett komplett; es stellt den Sprachwitz, den eigentlichen Helden dieses Stücks, nicht zur Schau, sondern lässt ihn hinter all den vielen Gesellschaftsmasken immer wieder hervorzwinkern. Bei der Premiere hatte das nach heiterkurzen 135 Minuten lebhaften Beifall zur Folge.