Essen. Dieser Marketing-Streich sitzt: Beyoncé Knowles veröffentlicht ohne Ankündigung ihr neues Album – zunächst exklusiv auf iTunes. Alle sind überrascht. Dabei lässt sich nicht übersehen: Das neue Ding hat wenig Substanz, aber dafür umso mehr Sex.

Es gibt Dinge, die sind so geheim, dass nicht mal die NSA davon weiß: Bis zum Freitag hatten höchstens die direkt Beteiligten einen Schimmer davon, dass Beyoncé Knowles nun ihr fünftes Album herausbringt. Dann kündigte sie es an, veröffentlichte es gleich exklusiv auf iTunes. Und die Online-Medien, Twitter und Facebook überschlugen sich mit Meldungen. Weil alle das Gefühl hatten, etwas verpasst zu haben. Marketing-Coup gelungen.

Es muss in der Familie liegen, eigene Wege zu gehen: Schon im Sommer hatte Beyoncés Ehemann Jay Z sein Album „Magna Carta Holy Grail“ per Exklusiv-Deal auf Samsung-Handys veröffentlicht, nun schlägt sich Beyoncé zum Konkurrenten Apple. Ein Beleg dafür, dass Plattenfirmen wie Universal und Sony nicht mehr die alleinige Verfügungsgewalt über die Musik ihrer Künstler haben.

Die Überrumpelungstaktik war in diesem Jahr auch David Bowie gelungen, der sein Album früher als angekündigt veröffentlichte. Solche Marketing-Kapriolen funktionieren aber nur, wenn der Künstler groß genug ist. Weil die mediale Welle in Zeiten von Twitter & Co. beachtlich anschwillt. Ein Effekt, der von Mal zu Mal abebben wird, denn die oft hektische Netzgemeinde wird schnell gelangweilt.

Ein Musik gewordenes Herrenmagazin

Schön zu verfolgen an diesem Album: Die geschickte Vermarktung täuscht ein wenig darüber hinweg, dass sich auf „Beyoncé“ (Sony) kein erkennbarer Hit befindet. Viel musikalisches Mittelmaß und viel „Eyecandy“. Es nennt sich „Visual Album“: Zu den 14 neuen Songs gesellen sich 17 Videos. Was dabei herauskommt? Ein Musik gewordenes Herrenmagazin. Eines, in dem zwar nicht alles gezeigt wird, das verbal aber ständig unanständig wird. Und ach, es gibt einen Song („Flawless“) gegen Magersucht, gegen Fixierung auf weibliche Reize. Einer, der das Selbstbewusstsein von Mädchen stärken soll. Leider versinkt er zwischen Stöhnern, Powacklern und tiefen Einblicken ins Dekolleté der Diva.

  • Beyoncé: Beyoncé (Sony). Live: 15.3. Köln, Arena. Tickets ab 16.12. (9 Uhr) in den Leserläden (derwesten.de/vvk), unter 0201/804-6060 und unter www.ruhrticket.de