Düsseldorf. .

Wie er mit 71 sein Pensum schafft, als Friedensbotschafter und Chef- oder Ehren-Dirigent auf Lebenszeit in mehreren Städten und Opernhäusern, ist ohnehin ein Rätsel. Doch dass Daniel Barenboim auch noch Klavierabende mit drei großen Schubert-Sonaten stemmt und alles auswendig spielt, macht staunen.Nicht einmal die Podiumsplätze in der ausverkauften Tonhalle Düsseldorf blieben leer, als der Maestro mit einem reinen Schubert-Programm auftrat, mit Sonaten in A-Dur, A-moll, D-Dur.

Wenn er auch Tags zuvor mit diesen Werken in Hamburg aufgetreten war, so wirkte Barenboim doch entspannt, konzentriert und souverän, vom ersten Takt an. Als Grandseigneur meistert er die A-Dur-Sonate (D664) aus Schuberts früher Schaffensphase. Besonders in den lyrischen Passagen und im Andante kultiviert er einen zart zurückhaltenden Anschlag und produziert einen liedhaften Ton, voll romantischer Entrücktheit. Jugendlich frisch spielt er dann die tänzerischen Stellen.

Ein paar falsche Töne mischen sich in die kniffligen Akkorde, die er vermutlich nicht mehr so oft übt wie „Nur-Pianisten“. Selbst das nimmt man gern in Kauf, betört Barenboim doch im nächsten Takt mit verborgenen Botschaften und einem Blick in Schuberts Seelentiefen. Das große Ganze stimmt bei dem Jahrhundert-Musiker, der einem Gerücht zufolge mit 16 schon sämtliche Beethoven-Sonaten auswendig spielen konnte.

Barenboim ist ein Phänomen. Das beweist er auch mit dem Opus in a-moll und der späten D-Dur-Sonate, die Schubert 1825 auf einer Wandertour komponierte. Dramatisch auftrumpfend, unwirsch und unruhig intoniert er streckenweise, plötzlich klingt’s wienerisch. Es sind Ländler-Motive, die Barenboim mit Duft herausarbeitet. Auch in diesem Werk könnten Buchhalter manches Huschen über Noten bemäkeln. Doch geht der Hörer mit einem intensiven Schubert-Erlebnis nach Hause. Stehende Ovationen, eine Zugabe. Mehr ging nicht. Um 22 Uhr stand die schwarze Limousine parat. Berlin rief...