Frankfurt. .
Diktiert der Konkurrenzkampf um die Endgeräte den Buchmarkt von morgen? Diese Frage wird auf der Frankfurter Buchmesse derzeit äußerst kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite fordern Verlage und Buchhändler, sich auf das Lesen zu konzentrieren und nicht auf den Verkauf von E-Leseapparaten. Auf der anderen Seite will eine Allianz von großen Filialisten mit dem Lesegerät Tolino dem Amazon-Kindle Paroli bieten.
Bislang dominieren Amazon mit dem Kindle und Apple mit seinen Tablet-PCs den Endgeräte-Markt im E-Buch-Segment. Mit dem Tolino wollen Thalia, Club Bertelsmann, Weltbild und Hugendubel ein Lesegerät dagegen setzen, das im Unterschied zu den vorgenannten ein „offenes Ökosystem“ hat; der Kunde kann also E-Bücher verschiedener Anbieter herunterladen. Michael Busch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hagener Thalia-Holding, zog gestern eine erste positive Bilanz seit der Markteinführung im vergangenen Weihnachtsgeschäft. „Wir konnten uns direkt als Nummer zwei im Wettbewerb platzieren und werden den Abstand nach vorn kontinuierlich verringern“, so Busch in Frankfurt. Die Tolino-Partner kündigten an, eine ganze Gerätefamilie aufzubauen. Zum Weihnachtsgeschäft soll es flankierend zum reinen Lesegerät zwei Tablets geben. Die Allianz der Buchhandelsketten geht davon aus, dass elektronische Bücher bis zum Jahresende die Zehn-Prozent-Grenze des Buchmarktes erreichen.
Parallele Entwicklung
Während sich das Buch und die Erfindung des Buchdrucks sowie die entsprechenden Vertriebswege historisch parallel entwickelt haben, geht es bei den Lesegräten um eine Technologie, die im Buchhandel branchenfremd ist. Will man die Standards der Marktführer erreichen, muss sehr viel Geld in die Hand genommen werden. Die Tolino-Allianz hat die Telekom als Technologie-Partner gewonnen.
Marktanteil nur 2,4 Prozent
Da der Anteil des E-Buches am deutschen Markt im vergangenen Jahr lediglich 2,4 Prozent betrug, scheint die Aufregung um die Sache übertrieben. Tatsächlich betrachten die meisten Branchenvertreter das digitale Buch angstfrei als Ergänzung zum gedruckten. „Digital wird Standard, Print muss Premium bleiben“, so schätzt Renate Reichstein als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen die Marktlage ein.
Allerdings spielt das Endgerät eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, was überhaupt gelesen werden kann. Bei Amazon und Apple bestimmt der Hardware-Anbieter, welche Inhalte heruntergeladen werden dürfen. Dieser Aspekt macht das Thema so brisant. Hinsichtlich der Erfolgsprognose der Allianz gegen Amazon gibt es sehr unterschiedliche Meinungen. Während Michael Busch sich über einen Tolino-Start mit Verkäufen im hohen sechsstelligen Bereich freut, konstatiert Prof. Gottfried Honnefelder als Vorsteher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels enttäuscht, das Tolino-Geschäft dümpele trotz beträchtlichen Aufwandes vor sich hin.
Es sei wohl eine Illusion gewesen, mit wenig Geld gegen die großen Player angehen zu können. Buchmessen-Direktor Juergen Boos legt nach: Viele Buchhändler hätten ihm erzählt, es sei nicht ihre Absicht ein kleiner Media-Markt zu werden. Bücher wollten sie verkaufen, egal ob digital oder auf Papier gedruckt, aber keine elektronischen Geräte.