Istanbul. Mit Mitteilungen beim Kurznachrichtendienst Twitter soll der türkische Starpianist Fazil Say die “religiösen Werte eines Teils der Bevölkerung“ herabgesetzt haben. Bereits im Frühjahr war der Musiker deswegen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Nun bestätigte das Gericht das Urteil.
Der türkische Starpianist und Komponist Fazil Say ist am Freitag wegen Islam-Beleidigung zum zweiten Mal zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Gericht bestätigte das Urteil gegen den 43-jährigen aus einem ersten Verfahren vom Frühjahr, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete.
Say kündigte an, er werde die Entscheidung vor dem Berufungsgerichtshof in Ankara anfechten. Say wird vorgeworfen, mit Mitteilungen beim Kurznachrichtendienst Twitter die "religiösen Werte eines Teils der Bevölkerung" herabgesetzt zu haben.
Auf Twitter hatte Say unter anderem mit Blick auf die Koran-Beschreibung des Paradieses als Ort, an dem Bäche von Wein fließen, die Frage gestellt: "Ist das Paradies denn eine Kneipe für euch? Ihr sagt, auf jeden Gläubigen warten zwei Jungfrauen - ist das Paradies denn ein Bordell?" Seitdem hat Say mehrmals erklärt, er habe den Islam und gläubige Muslime nicht beleidigen wollen. Der Prozess gegen den Künstler hatte innerhalb und außerhalb der Türkei Kritik an wachsenden Einschränkungen der Meinungsfreiheit ausgelöst.
Say will weiter kämpfen
Die Bewährungsstrafe gegen den Pianisten im ersten Verfahren wurde wegen eines Formfehlers aufgehoben. Nun wurde dieses Urteil mit einer Bewährungsfrist von zwei Jahren bestätigt. Say erklärte auf Twitter, er werde weiter kämpfen.
Es gehe um eine "lichte Zukunft", schrieb er. Wenn jemand in der Dunkelheit verharren wolle, dann sei das sein Problem, fügte er mit Blick auf seine Gegner hinzu. Laut Presseberichten ist Say entschlossen, bei einer Bestätigung des Urteils durch das Berufungsgericht bis zum Europäischen Menschenrechtsgericht in Straßburg zu gehen.
Say ist ein bekennender Atheist und ein bekannter Kritiker der religiös-konservativen Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. In einem Fernsehinterview im Dezember hatte Say der Erdogan-Partei AKP vorgeworfen, sie stehe hinter dem Prozess. (afp)