Düsseldorf. . An seinem 70. Geburtstag brachte Roger Waters die gigantische Bühnenversion des Pink-Floyd-Albums „The Wall“ auf die Düsseldorfer Bühne. Die Symbole, wegen denen es im Vorfeld große Aufregung gegeben hatte, waren nach wie vor Teil der Inszenierung.
Das aufblasbare Schwein, wichtiger Bestandteil der Mega-Show „The Wall“, befindet sich im Sinkflug. Es hängt nur ein paar Reihen hinter uns in der Luft und wird langsam herabgesenkt. Die Logos und Parolen auf seinem Körper haben wir schon vorher wahrgenommen, und ja, der Davidstern, um den es im Vorfeld so viel Aufregung gab, ist nicht entfernt worden, genau so wenig wie das Kruzifix, der Halbmond und Firmenlogos von Shell und Mercedes.
Nun sind die Zuschauer dran, zumindest diejenigen über deren Köpfen das Tier niedergeht. Sie wissen, was zu tun ist, zerren an der Haut, bis sich die ersten Fetzen lösen und reißen das monströse Ding in Stücke. Die einzelnen Teile werden zur Jagdbeute. Die anderen jubeln dazu.
Boykott-Aufruf machte wenig Eindruck
Die Szene ist nur einer von vielen spektakulären Stunts, die Roger Waters, der an diesem Abend siebzig wird, in die gigantische Bühnenversion des Pink Floyd-Albums „The Wall“ von 1980 eingebaut hat, mit der er seit 2010 durch die Welt tourt. Schon damals gab es Proteste gegen die Verwendung des Davidsterns, auch wegen einer anderen Szene, in denen die Symbole wie Bomben aus Flugzeugen abgeworfen werden und sich auf der Erde stapeln. Aber so wenig Eindruck damals die Einwände machten, so wenig macht in Düsseldorf der Aufruf zum Boykott des Konzerts durch die Jüdische Gemeinde.
Roger Waters' umstrittener Auftritt in Düsseldorf
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Waters weist alle Vorwürfe von sich, er oder das, was er da zeige, sei antisemitisch, und beharrt auf seinem Entwurf. Schließlich ist es seine Weltsicht und die ist eine ziemlich bittere. Er ist gegen Religionen und gegen die Industrie, weil sie seiner Meinung nach Kriegstreiber sind, er widmet das Konzert den Opfern des Terrorismus. Der einzelne Mensch ist in seinen Augen ein armseliges Wesen, Spielball der Kirche, der Schule (natürlich, „we don’t need no education“ mit Kinderchor), der Justiz und der Politik.
Musikalisch ist „The Wall“ ein zerrissenes Werk, vereint alle möglich Stilelemente, die in dem elegischen Stil der späteren Pink Floyd kulminieren, so wie es das exzellente „Comfortably Numb“ beweist. Hier ist man wirklich angenehm betäubt. Ein sehnsuchtsvolles Gleiten in andere Sphären, von Gitarrist Snowy White perfekt umgesetzt. Und natürlich ist hier alles perfekt, die anderen Musiker, sogar der Sound. Aber die Geschichte des Jungen Pink, der sich als Rockstar in Allmachtsfantasien verliert, die in den Bildern von Waters als faschistoider General enden, überrollt das Publikum auf eine Weise, die fast ebenso unbarmherzig scheint wie das, was da kritisiert wird. Auch wenn die Wände, mit denen er sich umgibt, schließlich niedergerissen werden.
„Run Like Hell“ – ein Höhepunkt
Es gibt neben Höhepunkten wie „Run Like Hell“ auch genügend Füllmaterial auf „The Wall“, der schlampige Rocker „Young Lust“ gehört dazu. Aber klassische Rock-Rhythmen waren nie Pink Floyds Asse, man denke nur an das ungelenke „Money“. Am Ende gibt es noch ein Geburtstags-Ständchen für Waters, der auf keinen Fall altersmilde geworden ist. Und der Country-Walzer, mit dem sich die Band verabschiedet, wirkt geradezu erleichternd. Denn zuvor wurde man eher manipuliert. Es soll Menschen geben, denen die drei Minuten der ersten Pink Floyd-Single „Arnold Layne“ mehr bedeuten als (fast) alles von diesem kalten Monolithen namens „The Wall“.
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