Essen. Hollywood-Star-Regisseur Roland Emmerich im Gespräch über seinen neuen Film „White House Down“, der gerade in Berlin seine Deutschlandpremiere erlebte und schon wieder den Sitz des US-Präsidenten in Schutt und Asche legt, über Angela Merkel, Erwin Rommel und die Erfolgsregeln in Hollywood.

Roland Emmerich ist und bleibt der Mann für Mega-Blockbuster. Nach seinem Weltuntergangsepos „2012“ schießt sich Deutschlands erfolgreichster Regisseur wieder auf den Regierungssitz des US-Präsidenten ein.

Doch was „White House Down“ – neben spektakulärer Action und pyromanischen Extravaganzen – vor allem auszeichnet ist der coole Buddy-Humor zwischen einem Secret Service-Kandidaten (Channing Tatum) und dem US-Präsidenten (Jamie Foxx). Und auch im Gespräch mit unserem Mitarbeiter Ulrich Lössl hatte Emmerich viel zu lachen.

Herr Emmerich, Sie haben schon wieder das Weiße Haus in Schutt und Asche gelegt. Das sieht ja fast nach einer Zwangsneurose aus.

Roland Emmerich: (lacht) Nein, da kann ich Sie beruhigen. Als mir das Filmstudio das Drehbuch zuschickte und ich den Titel „White House Down“ las, habe ich gleich gesagt: „Den Film mache ich nie und nimmer!“ Ich habe dann eigentlich nur aus Respekt vor dem Drehbuchautor James Vanderbilt - und um ein paar triftige Gründe für meine Ablehnung parat zu haben - mit dem Lesen angefangen. Doch ich konnte einfach nicht mehr damit aufhören! Es ist ein wirklich sehr gutes Script. Vanderbilt hat ja mit den Drehbüchern zu „Zodiac – Die Spur des Killers“ oder „The Amazing Spider-Man“ auch schon gezeigt, was er kann.

Was hat Sie denn am meisten daran beeindruckt?

Emmerich: Die Hauptfigur. Also der Vater, der aus einer gescheiterten Ehe wegrennt, obwohl er sieht, wie sehr seine Tochter darunter leidet. Und da seine Tochter für ihn das Wichtigste auf der Welt ist, unternimmt er alles, um ihre Liebe wiederzugewinnen. Das ist für mich die Quintessenz des Films.

Hatten Sie eigentlich vor Drehbenginn im echten Weißen Haus recherchiert?

Roland Emmerich. (Foto: Sergei Ilnitsky)
Roland Emmerich. (Foto: Sergei Ilnitsky) © dpa

Emmerich: Na ja, da ist der Zugang nur ziemlich eingeschränkt möglich. Aber wir haben natürlich die Weiße-Haus-Tour gemacht, die auch im Film gezeigt wird. Die gibt es ja wirklich. Und es gibt die White House Historical Society, bei der viele Historiker arbeiten. Mit denen haben wir uns vorher und auch während des Drehens intensiv ausgetauscht. Ich wollte schon, dass alles so authentisch wie möglich aussieht.

Könnten Sie sich vorstellen, auch mal einen Action-Thriller zu machen, der in Deutschland spielt?

Emmerich: (Lacht) Etwa „Merkel down“? Nicht wirklich. Allerdings würde ich sehr gerne einen Film machen über den Feldmarschall Erwin Rommel, den Wüstenfuchs.

Da sind Sie etwas spät dran. Es gab schon letztes Jahr den TV-Film „Rommel“.

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Emmerich: Es gibt viele Filme über Rommel, unter anderen mit James Mason aus dem 50er-Jahren. Der ist ganz gut, aber man könnte da heutzutage viel mehr draus machen. Mich fasziniert der Mann einfach, weil er sich im Laufe des Krieges von einem Bewunderer Hitlers zu dessen Gegner gewandelt hat.

„White House Down“ hat in den USA nach sechs Wochen nicht mal 100 Millionen Dollar eingespielt und gilt als Flop…

Emmerich: … er ist ja auch ein Flop!

Ja?

Emmerich: Klar. Zumindest in den USA. Es gab Vorgaben und die wurden nicht eingehalten, geschweige denn übertroffen.

Belastet Sie das?

Emmerich: Nicht wirklich. Dafür bin ich schon viel zu lange dabei. Abgesehen davon: Meine Filme laufen international eben am besten.

Sie leben seit 1990 in Hollywood. Wird man da langsam Amerikaner? Oder sind Sie immer noch „ein Deutscher in Hollywood“?

Emmerich: Manchmal habe ich tatsächlich Schwierigkeiten, auf die Schnelle das treffende deutsche Wort zu finden, wenn ich mich nach langer Zeit mit jemandem wieder mal auf Deutsch unterhalte. Oder wenn ich mit meiner Mutter telefoniere. Jedes Mal, wenn ich dabei wieder so Floskeln ins Gespräch einbaue wie actually, maybe oder you know, tadelt sie mich und sagt: „Jetzt schwätzt er wieder Englisch!“

Sie werden in Deutschland immer noch gern als „das Spielbergle aus Sindelfingen“ apostrophiert. Haben Sie das mal dem echten Spielberg erzählt?

Emmerich: (Lacht) Ja, sicher.

Und was hat er gesagt?

Emmerich: Der hat sich halb totgelacht. Und er wollte vor allem wissen, was das „–le“ bedeutet.

Steven Spielberg hat sich eine Zeitlang sehr intensiv um Sie bemüht…

Emmerich: …was ich auch ganz toll fand. Aber es hat sich sehr schnell herauskristallisiert, dass ich nicht unter jemand anderem arbeiten kann.

Ihre fünf wichtigsten Regeln, wie man in Hollywood erfolgreich überlebt?

Emmerich: Es ist viel wichtiger, wozu du „Nein“ sagst, als wozu du „Ja“ sagst. Dann ein gutes Drehbuch. Ohne gutes Drehbuch überlebst du kein Jahr. Und das Wichtigste: Man muss Realist bleiben. Glaube nie, was dir die Leute sagen – sei es wenn sie dir Honig ums Maul schmieren oder wenn sie dich in der Luft zerreißen. Folge deinen Instinkten. Und dann muss man sich mit Menschen umgeben – am besten mit Freunden oder Familienmitgliedern, die dir auch mal die Wahrheit ins Gesicht sagen. Heuchler sind der Tod. Und zu guter Letzt: Habe Glück! Viel Glück.

Und Ihr großer Traum ist es, auch noch im hohen Alter Filme zu machen?

Emmerich: Das wäre wunderbar. So wie John Huston, den sie noch im Rollstuhl und mit Sauerstoffmaske ans Set geschoben haben (lacht). Ich will wirklich und wahrhaftig bis zum letzten Atemzug Geschichten in Bildern erzählen, wenn das möglich ist. Ich bin immer auf der Suche nach Bildern, die ich noch nicht gesehen habe.