Duisburg. . Ruhr-Triennale in der Duisburger Gebläsehalle: Massive Attack und Adam Curtis überwältigen statt zu überzeugen

Klein ist der Mensch, groß sind die Videowände: Der renommierte britische Filmemacher Adam Curtis zeigt in der Gebläsehalle des Landschaftsparks an vier weitgehend ausverkauften Abenden hintereinander seine Bildercollage. Mit steilen Thesen, überraschenden Pointen und der Band Massive Attack im Hintergrund.

Nur der Soundtrack zu einem Film

Das muss man so deutlich sagen: Die Urväter des Trip-Hop lieferten kaum mehr als den Soundtrack zu einem Dokumentarfilm und blieben hinter Leinwänden versteckt. Ein Kino-Konzert gewissermaßen, in dem der Film kaum mit den Videowänden spielte und ihre Vielfalt nutzte. Stattdessen wiederholten sich meist elffach Bilder und Botschaft. Deren Kern: Wir haben den Mut zur Utopie verloren und rauben uns unsere Innovationskraft, wenn wir aus den Daten der Vergangenheit versuchen, unsere Zukunft zu berechnen.

Solche soziologischen Thesen in eine bildgewaltige Erzählung zu betten – das kann Adam Curtis. Er schafft es, Ted Turner, Putin und russische Punksänger, das rumänische Diktatorenpärchen Ceaucescu sowie die Entwicklung in Afghanistan in einen schnell geschnittenen Film zu packen. Wir erleben, wie Zukunftsstädte in Afghanistan ungewollt gute Rahmenbedingungen für den Schlafmohnanbau schaffen, wie mit Tschernobyl der Traum von der unerschöpflichen Energie unterging. Kurz: wie Utopien scheiterten und die Menschen darangingen, Zukunft zu managen, indem sie Risiken abschätzen. Doch wer sich vorstellt, was er fürchten muss, fürchtet auch, was er sich vorstellt, so Curtis. Er verliert den Glauben an die eigene Tatkraft.

Die schiere Größe der Leinwände und die unheimliche Atmosphäre in einer riesigen, dunklen Halle sorgen dafür, dass man sich auch zwischen 2000 Zuschauern verloren fühlen kann. Curtis und Massive Attack kreieren das Gegenteil eines gemeinschaftlichen Konzerterlebnisses: Den großen, finsteren Zauber der Überwältigung. In diesem Fall mit der Botschaft: Bild dir meine Meinung – und empört euch !

Adam Curtis hat gewonnen

Doch es fehlt an künstlerischer Überzeugungskraft. Wer auf eine spannende Melange zwischen Bild und Ton der britischen Trip-Hop-Legende gehofft hatte, sah sich weitgehend getäuscht. Die Band, die mit ihren fantastischen Tieftönen das Publikum erzittern lassen kann wie kaum eine zweite, durfte nur äußerst selten einen ihrer Akteure in einem hellen Lichtkegel aufscheinen lassen, etwa wenn Elizabeth Fraser ein melancholisches russisches Liebeslied singen darf. Manchmal zeigte eine der Videowände immerhin einen Kamerablick auf die Musiker. Das war es aber dann auch schon. Der Abend, als „Massive Attack versus Adam Curtis“ angekündigt, sieht in Curtis den Sieger. Doch verloren hat auch das Publikum.

Für die Aufführung am Sonntag, 1.September, gibt es noch Restkarten.