Witten/Bochum. Wie wohl kein anderes steht das Zeltfestival Ruhr an der Grenze von Bochum und Witten für Verbundenheit mit der Region: Von der Currywurst bis zu den Zelten und den Schrauben - alles kommt aus dem Ruhrgebiet. Vor allem haben sich drei Freunde aus Bochum das Festival ausgedacht.

Welch ein Festival! Siebzehn Tage, vierzig Shows, Weltstars und Pappenheimer. Wie kein anderes steht das Zeltfestival Ruhr an der Grenze von Bochum und Witten für regionale Verbundenheit: Nicht nur weil Dönninghaus die Currywurst anrichtet. Auch der ganze Rest – Zelte, Licht und Ton, 30.000 Schrauben für den Holzboden – kommt aus dem Ruhrgebiet, fast die gesamten zwei Millionen Euro Produktionskosten bleiben hier. Vor allem aber haben sich drei Freunde aus Bochum das Ding ausgedacht. Und sie haben eine Menge gelernt in den vergangenen fünf Jahren.

Björn Gralla und Heri Reipöler vermitteln (mit ihren Firmen Contra Promotion und Radar) schon lange Künstler und stemmen Veranstaltungen wie die MTV Campus Invasion, während Kulinarik-Chef Lukas Rüger das Restaurant Livingroom betreibt. Dennoch: „Von der Infrastruktur bis zur Werbung haben wir vieles falsch gemacht im ersten Jahr“, erinnert sich Gralla. Am Ende standen den 300.000 Euro Miesen aber begeisterte Sponsoren gegenüber. Denn offenbar hatten die drei Freunde viele Probleme clever gelöst. Die Reifenspuren im regennassen Boden etwa überschütteten sie einfach mit Sand. So entstand der Zeltstrand – bis heute eine Hauptattraktion.

Smudo von den Fantastischen Vier steht auf Technik

„Was ist denn jetzt kaputt?“, fragt Smudo. Als einziger Fanta ist er rausgekommen und steht mit Gralla, Reipöler und Rüger um den Dieselgenerator im Schlamm. – Es ist die Elektronik, ein Fehler, der „nur alle hundert Jahre vorkommt“, versichern die Elektriker. Aber ausgerechnet beim ersten Lied des wichtigsten Konzerts im Geburtsjahr des Zeltfestivals?

Wenn die Fantastischen Vier nicht bald auf die Bühne kommen, müssten wohl die Eintrittsgelder zurückerstattet werden. Der Ruf wäre dahin. Und ein tolles Konzert sowieso. Vielleicht täuscht der Eindruck, dass Smudo sich vor allem für die technische Seite interessiert. Jedenfalls darf er nach einer halben Stunde wieder rocken – und das Fest ist gerettet.

Spezialwünsche sind keine Seltenheit im Backstage-Restaurant. Ein Hühnchen für das Hündchen von Patricia Kaas – pas de problème. Aber als der Tourmanager der Oasis-Nachfolgeband „Beady Eye“ die zwölf (!) bestellten Gerichte kontrollierte, abhakte und anschließend verkündete: „Und jetzt bestellen wir Pizza“ – diese Rock’n’Roll-Attitüde hat Heri Reipöler doch ordentlich den Abend vergällt.

Dabei kommt die Küche von Restaurantchefin Lulu meist extrem gut an. Speziell bei Amy Macdonald. Die verliebte sich in Lulus spontan gezauberten Burger – und engagierte sie gleich für ihre ganze Tour.

Die meisten Künstler beim Zeltfestival Ruhr sind unprätentiös

Überhaupt sind die meisten Künstler unprätentiös und unglaublich nett. So wie Milow, dessen Shuttle nach Belgien erst um vier Uhr morgens fuhr – und der solange mit allen kickerte. Wie Hagen Rether, der sich eine Namensliste geben ließ – und anschließend jeden Mitarbeiter backstage mit Namen ansprach.

Oder wie Howard Carpendale, dem es 2010 am Zeltstrand so gut gefiel, dass er vor seinem Auftritt nicht ins Hotel zurückfuhr. Er wusch sich die Haare einfach unterm Wasserkran in der Toilette.

Sie hatten vor zwei Jahren schon ein wenig Angst um den damals 67-jährigen Joe Cocker – so heiß war es im Zelt. „Er war noch nasser als Jan Delay“, sagt Björn Gralla. Aber es scheint ihm gefallen zu haben in der Zeltstadt. Denn sein Management fragte von sich aus an, ob Cocker in diesem Jahr noch einmal spielen könne. Er kann, sehr gerne.