Essen. Am 9. Juni, drei Wochen vor ihrem Tod, entstand das letzte Foto, das Pina Bausch bei der Arbeit zeigt: In konzentrierter Gelassenheit, nach der Probe und mit letzten Anregungen für ihre Tänzerinnen und Tänzer. Es ist beinahe zufällig entstanden.
Als Pina Bausch starb, waren ihre Tänzerinnen und Tänzer auf Tournee in Polen. Sie tanzten auch am Abend des 30. Juni, in der Breslauer Oper. Für sie.
Die Erschütterung über ihren Tod reicht tief, und sie wird lange anhalten, umso mehr, als die Erinnerung so lebendig ist. Erst vor vier Wochen war das letzte Stück von Pina Bausch uraufgeführt worden, wie immer hatte es noch keinen Titel. Zehn Tage später, am 21. Juni, stand sie zum letzten Mal mit ihrer Kompagnie auf der Bühne. Ganz schwarz gekleidet, wie immer; in Männerschuhen, weiter Jacke und Hose, das dunkle Haar streng zusammengebunden. So lächelte sie in den Applaus, der nicht enden wollte. So werden wir sie in Erinnerung behalten.
Aber auch das ist Pina Bausch: im Gespräch nach der Probe; in konzentrierter Gelassenheit. Mit letzten Anregungen, letzter Kritik.
Fast zufällig entstanden
Das Foto, das wir hier zeigen, entstand fast zufällig, am 9. Juni. Pina Bauschs Fotografin Ursula Kaufmann machte die Aufnahme nach der Hauptprobe. Es ist das letzte Foto, das die Choreografin bei der Arbeit zeigt.
Eine besondere Erinnerung ist auch der Foto-Kalender „Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal”, den Dumont wie jedes Jahr herausgebracht hat.
In sich gekehrt, versunken
Im kommenden Jahr, am 27. Juli, wäre sie 70 Jahre alt geworden. Auf dem Titelblatt ist die Choreografin deshalb zum ersten Mal als Tänzerin zu sehen, ganz klein, in einer Ecke fast versteckt. Das Foto zeigt eine Szene aus „Danzo´ n”, dem einzigen Stück neben „Cafe´ Müller”, in dem sie in späteren Jahren selbst tanzte. Sie hat das Foto für den Kalender selbst ausgesucht; Ursula Kaufmann, die ihre Arbeit über 20 Jahre lang begleitete und dokumentierte, hatte ein anderes vorgeschlagen: darauf streckt sie still die Arme aus. Aber Pina Bausch wählte ein Foto, auf dem sie ganz in sich gekehrt erscheint, ganz versunken.
Die Essener Fotografin Ursula Kaufmann ist Autodidaktin. Vielleicht hat sie deshalb die Gabe, Tanzende in ihrer Hingabe ganz zu erfassen, Tanz im Foto sinnlich erfahrbar zu machen.