Rees. . Auch die Alabama Shakes, Tom Odell, Kettcar und Glen Hansard sorgten für Begeisterung. Mehr als 6500 Zuschauer feierten den 30. Geburtstag des Haldern Pop-Festivals mit mehr als 50 Bands auf fünf verschiedenen Bühnen.

Mit 30 Jahren sollte man seine Richtung gefunden haben: Was fürs Leben gilt, gilt auch für ein Festival. Haldern Pop, das am vergangenen Wochenende seinen 30. Geburtstag feierte, hat seine Identität als das deutsche Festival für Freunde des Indie-Pops längst gefunden. „Wir haben gefühlte 50 Jahre darauf gewartet, eingeladen zu werden“, sagte dann auch der Bassist der Hamburger Band Kettcar, Reimer Bustorff.

Schließlich war Haldern oft ein Sprungbrett. Travis, Starsailor, Muse sowie zuletzt Mumford & Sons und Ben Howard haben am Niederrhein ihren Durchbruch geschafft. Auch in diesem Jahr bewies der künstlerische Leiter Stefan Reichmann wieder einen guten Riecher, als er frühzeitig den ebenso unbekannten wie hochbegabten Briten Tom Odell verpflichtete. Inzwischen ist dessen Album „Long Way Down“ längst an der Spitze der britischen Charts gelandet. Der 22-Jährige unterstrich, dass er im Stande ist, bemerkenswerte Pop-Songs zu spielen. Da verzieh ihm das Publikum auch eine Version des Rolling Stones-Klassikers „Honky Tonk Woman“.

Zeitlose Schönheit von John Grant und James

Auch die Alabama Shakes erwiesen sich als Glücksgriff. Tief versunken in den Blues- und Soul-Traditionen des amerikanischen Südens beeindruckte Sängerin Brittany Howards mit Urgewalt in der Stimme. Ebenso intensiv, aber hundertprozentig europäisch fegte die Schweizerin Sophie Hunger wie ein Föhnsturm über den Reithof. Mit einer zwischen kraftvoll und zart wechselnden Stimme, die Zorn, Wehmut, Klage, Hoffnung, Trauer und Lebensfreude gleichermaßen ausdrückte. Im direkten Vergleich hatte es da die russischstämmige Sängerin Regina Spektor, die musikalisch ähnlich unkonventionell unterwegs ist, schwer.

Haldern Pop Festival 2013 (Samstag)
Haldern Pop Festival 2013 (Samstag) © Diana Roos / WAZ FotoPool

Von zeitloser Schönheit waren die Rückkehr von John Grant und der Manchester-Band James nach Haldern, die am frühen Samstagmorgen zum Tanz baten, sowie die Auftritte der Folkrocker Villagers und Glen Hansard. Der holte am Ende seines Konzertes eine Dame aus dem Publikum auf die Bühne, um mit ihr eine wunderschöne Version seines Hits „Fallin’ Slowly“ zum besten zu geben. Spontan oder großartig geschauspielert?

Pop-Musik jenseits von computergenerierten Playlists

Natürlich gab es zumeist im Spiegelzelt auch wieder das schräge, das abseitige, das ambitionierte Programm: Die tonnenschwere Kirchenorgel der Schwedin Anna von Hausswolff, die ukrainische Volksmusik von DakhaBrakha, die völlig durchgedrehten Beats von Käptn Peng und die Tentakel von Delphi. Und es gab die rockenden Rotzlöffel wie The Strypes aus Irland, We Were Promised Jetpacks aus Schottland oder Metz aus Kanada, die mit ungezügelter Leidenschaft ihre Gitarren beackerten.

Es ist das große Verdienst von Haldern Pop, darauf aufmerksam zu machen, dass es jenseits computergenerierter Abspiellisten der Radiosender jede Menge hörenswerter Pop-Musik gibt. Einen Teil davon bringt Haldern Pop einem interessierten Publikum nahe. Wo Leidenschaft auf Aufmerksamkeit trifft, entsteht Begeisterung. Haldern Pop hat in diesem Jahr in sehr vielen Momenten begeistert.

Die Redaktion hat zehn Lieder ausgewählt, die stellvertretend für Haldern Pop Festival 2013 stehen könnten:

Glen Hansard & Marketa Irglova - „Fallin’ Slowly". Wunderschöne Ballade aus dem Film „Once“.

Alabama Shakes - „You Ain’t Alone“. Großartige Ballade, grandiose Sängerin.

Sophie Hunger - „Rererevolution“. Die Schweizerin in ihrer gesamten Intensität und Sensibilität.

Tom Odell - „Another Love“. Bekannt auch aus der Werbung eines Mobilfunkanbieters

We Were Promised Jetpacks - „Quite Little Voices“. Initialzündung für die Party im Biergarten.

Kettcar - „Landungsbrücken ‘raus“. Die ultimative Hymne aller Wahl-Hamburger. Funktioniert auch am Niederrhein.

James - „Sit Down“. Sänger Tim Booth bittet nachts um halb Drei zur Tanzparty!

Regina Spektor - „You’ve Got Time“. Der Soundtrack zu einer der gebürtigen Russin.

Half Moon Run - „Full Circle“. Herrlichen Melodien, die das Publikum spät im Spiegelzelt abfeiert.

Local Natives - „You and I“
Typische Haldern-Hymne zwischen delikat und bombastisch.