Essen. . Im Film „Lone Ranger“ demontiert Regisseur Gore Verbinski ein Idol. „Ranger“ Armie Hammer wird begleitet von Johnny Depp als Indianer Tonto.

Kein Wunder, dass US-Kritiker, vor allem wohl die Älteren, so säuerlich auf den „Lone Ranger“-Film von Gore Verbinski reagieren. Denn dieser Regisseur, der mit der „Pirates of the Carribean“-Trilogie so maßlos erfolgreich war, hatte offenbar nichts anderes im Sinn, als einen unterhaltsamen Film über einen uramerikanischen Helden zu drehen, der gelegentlich auch parodistische Züge aufweist. Offenbar ein Sakrileg, denn der maskierte „Lone Ranger“, der mit seinem indianischen Gefährten Tonto im Wilden Westen für Ordnung sorgt, gilt als „dauerhafte Ikone der amerikanischen Kultur“.

Verbinski scheint demnach mit seinem tatsächlich unnötig überlangen, wild ausuferndem Spaß so etwas wie Heldenschmähung begangen zu haben. Zumal in diesem Film nahezu jeder den Ranger irgendwann mal fragt, warum er eine so dämliche Maske trage. Das schmerzt wohl Menschen, die mit dieser Figur aufgewachsen sind. Immerhin gab der vollkommene Held ohne Fehl und Tadel sein Debüt bereits 1933 im Radio. Die Fernsehserie aber machte ihn von 1949 bis 1957 erst richtig populär. Später folgten auch noch Comic Strip und erste Kino-Versuche.

Ein Western als große Show

Die Verehrung dieses Burschen, der den Taufnamen John Reid trägt, ging so weit, dass er sich einen eigenen Ehrenkodex gab. Und wenn in der Fernsehserie ein Saloon betreten wurde, dann hatte er von innen so auszusehen wie ein Café mit Essenausgabe, aber ohne Alkohol. Höchste Zeit, sollte man denken, dass an so einem selbstherrlichen Denkmal mal kräftig gerüttelt wird.

Verbinski lässt sich da nicht lumpen, was schon mit der Besetzung anfängt. Tonto wird hier von Johnny Depp gespielt, stets in Vollmaske und mit einem toten Vogel auf dem Kopf, den er aber immer noch zu füttern versucht. Er hat zweifellos die besten Dialogzeilen, besitzt einen trockenen Humor und wirkt nicht von ungefähr wie ein Captain Jack Sparrow mit Mokassins. Gegen diesen Szenen-Abräumer hat der oft etwas dümmlich bis ratlos in den Tag blickende Armie Hammer als Ranger so gut wie keine Chance. Wenn er am Ende mit seinem Pferd Silver in die Höhe steigt und sein berühmtes „Hi-Yo, Silver!“ ausstößt, kommt von hinten gleich Tontos Mahnung, dies bitte nie wieder zu versuchen.

„Lone Ranger“ ist ein Western, das muss mal gesagt werden, denn dieses Genre funktioniert im Kino eigentlich nicht mehr richtig. Verbinski aber tut alles, um daraus eine große Show zu machen. Die Story des Films folgt dabei sogar der ursprünglichen Geschichte des einsamen Reiters. Danach nehmen Reid und sein Sheriff-Bruder samt Deputies die Verfolgung der blutrünstigen Cavendish-Bande auf, geraten in einen Hinterhalt und werden Mann für Mann liquidiert – bis auf unseren Helden. Der wird später von Tonto aus dem Fast-Jenseits zurückgeholt und fühlt sich ab sofort als maskierter Rächer. Dass der Film so lang geraten ist, liegt vor allen an der verbrecherischen Implikation der Eisenbahngesellschaft in Gestalt des gierigen Betriebsleiters Latham Cole (Tom Wilkinson). Der macht längst gemeinsame Sache mit den Verbrechern, pfeift auf jede Rücksichtnahme gegenüber den Indianern, schickt den alten Vorstand zum Teufel und will sich schließlich auch noch Rebecca (Ruth Wilson) sichern, die Witwe von Reids Bruder, auf die auch der ehrbare Lone Ranger längst ein Auge geworfen hat.

Der Film macht keine Gefangenen, will sagen er ist bei allem Spaß nie zimperlich in der Darstellung von Gewalt. Der fiese Cavendish (William Fichtner) schneidet dann und wann seinen Opfern die Brust auf, greift sich das Herz und isst es blutig und roh. Was aber gar nichts ist gegen die U.S. Kavallerie, die gegen die Indianer mit ihren Pfeilen und Bögen bereits Maschinengewehre einsetzt. Hier meint man fast Kritik an der Geschichtsschreibung zu verspüren.

Die letzten 15 Minuten können auch die vergrätzten amerikanischen Kritiker wieder genießen. Denn da läuft die finale Action unter lautstarker Begleitung von Rossinis „Wilhelm Tell“-Ouvertüre. Und das war einst immer die Auftaktmusik der alten, schwarz-weißen Fernseh-Episoden. Ganz so geschichtslos ist also auch dieser Gore Verbinski nicht.