Tel Aviv. Nicht, dass es an internationalen Nachrichtensendern mangeln würde. Dennoch hat jetzt ein neuer Sender “i24news“ in Tel Aviv den Betrieb aufgenommen. Und will vieles besser machen. Auch das Image Israels.

Die Zahlen sind eindrucksvoll. Der erste internationale von Israel aus arbeitende TV-Nachrichtensender "i24news" sendet seit Mittwoch vergangener Woche in drei Sprachen, Englisch, Französisch und Arabisch. Aus dem Stand wurden 150 überwiegend jüdische Journalisten und 100 weitere Rechercheure, Techniker und Helfer angeheuert. 350 Millionen Haushalte im Nahen Osten, Asien, Afrika, Kanada und Europa könnten den Sender per Satellit oder Kabel schon jetzt sehen, sagt Pressesprecherin Irit Segev stolz. 2014 sollen auch die USA hinzukommen. Und im Internet ist der von Frank Melloul, einem ehemaligen Diplomaten im französischen Außenministerium, aufgezogene und von dem französischen Unternehmer Patrick Drahi finanzierte Sender auch präsent.

"i24News" sei vergleichbar mit "Al-Dschasira aus einem demokratischen Land", sagt Melloul. Ziel sei es, "Israel mit der Welt zu verbinden und die Welt mit der israelischen Gesellschaft". Aber der nach eigenen Angaben von staatlichen Zuschüssen unabhängige Nachrichtenkanal will auf keinen Fall als jüdischer Sender, gar als Propagandasender, abgestempelt werden. "Wir sind nicht einmal ein israelischer Sender, sondern ein internationaler", sagt Ofer Perecman-Shemmer, Leiter der englischsprachigen Sparte.

"Beide Seiten zu Wort kommen lassen"

Eine seiner Moderatorinnen ist Lucy Aharish. Die in Israel aufgewachsene Palästinenserin bezeichnet sich selbst als "israelische Araberin". 2007 war die unter anderem in Deutschland bei der Deutschen Welle TV ausgebildete Journalistin die erste palästinensische Nachrichten-Moderatorin in einem der Hauptprogramme des israelischen Fernsehens.

"i24news" berichtet rund um die Uhr über Ereignisse in Israel, den Palästinensergebieten und in aller Welt. "Es ist an der Zeit, dass eine andere Stimme aus dem Nahen Osten gehört wird", betont Melloul. Traditionsreiche Konkurrenten wie die britische BBC oder der US-Sender CNN, Fox News, Sky und Al-Dschasira würden oft viel zu simpel über den überaus komplizierten Nahost-Konflikt berichten, kritisiert Perecman-Shemmer. "Wir wollen beide Seiten zu Wort kommen lassen, Streitgespräche zwischen Vertretern unterschiedlicher Meinungen live bringen", sagt er.

"Das werden Sie beim ZDF nicht zu sehen bekommen" 

Als Beispiel nennt er eine Diskussion zwischen den Eltern von zwei von Palästinensern getöteten israelischen Soldaten über das Für und Wider der hochemotionalen Frage der Freilassung palästinensischer Häftlinge im Rahmen der beabsichtigten Wiederaufnahme von Friedensgesprächen. "Das werden sie bei der BBC oder beim ZDF nicht zu sehen bekommen", sagt er. Die Nachfrage, ob nicht eine Diskussion zwischen den Eltern eines getöteten israelischen Soldaten und den Eltern eines seit mehr als 20 Jahren in israelischer Haft sitzenden Palästinensers eher die "beiden Seiten" gezeigt hätte, beantwortet Perecman-Shemmer so: Darum sei es nicht gegangen. Der Sender habe in diesem Fall eben die Gegensätze in Israel aufzeigen wollen.

Was sich auf der Internetseite bisher an Texten und Kommentaren findet, liest sich stellenweise dann aber doch wie das Sprachrohr des rechten israelischen Lagers. So wirft die Siedlerin aus dem Westjordanland Karni Eldad dem US-Außenminister John Kerry vor, mit seinen Vermittlungsbemühungen um eine Friedenslösung habe er es nur auf den "glitzernden Friedensnobelpreis" abgesehen und "trampele auf der Demokratie" herum, indem er sich in die inneren Angelegenheiten Israels einmische.

Und die Journalistin Jifat Erlich, ebenfalls eine Siedlerin aus dem Westjordanland, kritisiert die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland für "linke" Organisationen in Israel. Dann gibt es noch Beiträge über das Oberrabbinat, Israels diplomatische Chancen in der Sahel-Zone und einen Kommentar zur neuen EU-Richtlinie über den Ausschluss von Siedlungen aus Förder- und Kooperationsprogrammen mit Israel. Solche Kost dürfte eher die ohnehin von der Richtigkeit der israelischen Regierungspolitik überzeugten Zuschauer ansprechen.

"Keiner hat den Sender bisher gesehen"

Es gebe in vielen Teilen der Welt Menschen, die fast gar nichts über Israel wissen, sagt Melloul. Zielgruppe seien also nicht Israelis, "sondern Menschen, die Israel vielleicht hassen". Drahis finanzielle Unterstützung sei durchaus als "zionistischer Akt" gemeint. Eine Anfrage zu Reaktionen im palästinensischen Westjordanland auf die ersten Sendetage von "i24news" ergab die ernüchternde Antwort: "Keiner hat den Sender bisher gesehen".

Und im Gazastreifen schloss die dort herrschende radikal-islamische Hamas am Donnerstag eine TV-Produktionsfirma, weil sie mit dem "israelischen" Sender zusammengearbeitet hatte. Dem palästinensischen Reporter des Senders wurde mit Gefängnis gedroht, sollte er weiter für "die Israelis" arbeiten. (dpa)