Rio de Janeiro.

Das erste gemeinsame „Vater unser“ erklang um 15.30 Uhr (Ortszeit) an Rios Copacabana-Strand. Hunderttausende junge Katholiken aus aller Welt sprachen das „Gebet des Herrn“ in ihrer jeweiligen Muttersprache. Niemand störte sich am strömenden Regen, niemand an dem peitschenden Wind. „Halleluja“ sang die Band auf der bombastischen Bühne direkt auf dem Sandstrand nur 50 Meter vom anbrausenden Meer entfernt. Der Weltjugendtag unterm Zuckerhut hat begonnen, und die Pilger warten jetzt vor allem auf eins: ihr erstes Treffen mit Papst Franziskus am heutigen Tag.

Die 20-jährige Argentinierin Estefanía Albornoz ist natürlich besonders stolz auf den Papst, der aus ihrem Heimatland kommt. „Wir wären aber ganz sicher auch hier, wenn der Papst kein Argentinier wäre“, versichert sie. „Aber klar empfindet man mehr Herzenswärme, weil er Argentinier ist. Aber der Papst ist der Papst, und wenn man Papst wird, dann gehört er schon nicht mehr Argentinien, sondern der ganzen Welt.“ Mehr als 20 000 Pilger sind aus dem Heimatland von Jorge Mario Bergoglio an den Zuckerhut gereist. Der Papst hat extra die Agenda geändert, um seine Landsleute bei seiner ersten Auslandsreise in Rio zu treffen.

Aus 175 Ländern angereist

Auch die Argentinier zogen mit Nationalfahnen und lautem Gesang über die auf allen sechs Spuren und in beiden Richtungen gesperrte zentrale Strandpromenade Avenida Atlântica. Insgesamt sind Pilger aus 175 Ländern zum Weltjugendtag angereist. Vor der Bühne hielten die Jugendlichen Flaggen unter anderem aus dem Kongo, dem Libanon, den USA und Kanada, der Schweiz, Italiens, Brasiliens und auch aus Deutschland in die Höhe. „Das ist einfach bombastisch“, sagt Martin Piendl (16) aus Regensburg.

Er ist mit Pfarrer Georg Guggemos (48) und einer Gruppe von 150 Jugendlichen aus den Diözesen Augsburg und Regensburg sowie der Erzdiözese München-Freising nach Rio gekommen. Pater Guggemos hat seit 1991 schon sechs Weltjugendtage besucht, ist also sozusagen ein „alter Jugendtags-Fuchs“. „Diese internationale Atmosphäre ist absolut begeisternd. Wir treffen Pilger aus allen Ländern. Immer wieder eine fantastische Erfahrung“, sagt er enthusiastisch.

Mit Händen und Füßen

Das findet auch Pascal Wess (25), der inmitten des Pilgerstroms in einer Gruppe von Jugendlichen aus Fulda mit Deutschland-Fahne über die Avenida Atlântica zieht. Keiner der jungen Leute kann portugiesisch, aber alle strahlen vor Begeisterung. „Wir haben ja Hände und Füße, um uns zu verständigen. Und auch ein Lexikon. Das klappt ziemlich gut“, sagt er. Kontakt zu Pilgern aus anderen Ländern? „Na klar, jeden Tag in der U-Bahn. Die ist meistens ziemlich voll. Das ist dann schon hautnaher Kontakt.“

„Copacabana-Cátolica“ lautet das Motto an Rios berühmtestem Strand, der diese Woche fest in katholischer Hand ist. Neben den mehr als 400 000 Jugendlichen waren auch Heerscharen von Priestern und Ordensleuten in ihrem Habit unterwegs. „Nicht nur für die jungen Katholiken ist der Weltjugendtag eine außerordentliche Erfahrung. Nein, auch für uns Priester, die wir hier in Rio sind, bedeutet das natürlich eine Glaubensstärkung“, sagt der deutsche Pfarrer Georg Fischer, der seit 2007 in São Paulo die größte Gemeinde deutschsprachiger Katholiken in Brasilien führt.

Die katholische Geistlichkeit erfährt in den Reihen der Pilger wohlwollende Anerkennung. Auch der brasilianische Bischof Fernando Arêas Rifan, der bei der Eröffnungsmesse an der Copacabana konzelebrierte, wird an der Copacabana immer wieder von Pilgern um ein gemeinsames Foto gebeten. Er traf Papst Franziskus, der am Dienstag einen Ruhetag einlegte, schon persönlich. „Der Besuch des Papstes ist für Brasilien sehr wichtig und hat hoffentlich eine große Wirkung“, sagt er und fügt hinzu: „Das wäre übrigens auch wichtig für den Bundesstaat Rio - die am wenigsten katholische Region Brasiliens.“