Es ist ja bezeichnend, dass die beiden Gallagher-Brüder ihrer eigenen Wege gehen, während die Fanwelt noch über eine Wiedervereinigung von Oasis diskutiert. Wir sprachen mit Liam Gallagher (40), der im August mit seinem zweiten Beady-Eye-Album „BE“ zum Konzert nach Köln kommt, über ein unverhofftes Friedensangebot an Bruder Noel. Nebenher bekamen Justin Bieber, Robin Williams und Jennifer Lopez ihr Fett weg.

Herr Gallagher, wie steht es eigentlich mit dem Gerücht, dass Justin Bieber Backingvocals auf dem neuen Album singt? Ist da etwas dran?

Wer? Justin Bieber? Um Gottes Willen! Woher kommt denn der Blödsinn?

Aus der englischen Boulevardpresse . . .

Da gehört er auch hin. Diese Flachpfeifen schreiben, was sie wollen. Dagegen kann man nichts machen – außer sie zu ignorieren. Aber: Justin Bieber käme mir nicht ins Studio. Nur über meine Leiche!

Das haben Sie schon öfter gesagt – auch im Zusammenhang mit Ihrem Bruder Noel.

Stimmt.

Trotzdem haben Sie mit „Don’t Bother Me“ einen Song geschrieben, der als Friedensangebot verstanden werden könnte.

Yep.

Sind Sie bereit, sich zu versöhnen?

Wenn er den nächsten Schritt macht – warum nicht? Ich meine, der Song sagt doch alles, oder? Wobei es keineswegs so ist, als würde ich auf die Knie fallen und ihn anflehen, Oasis zu reformieren. Das wird nicht passieren. Niemals! Und deswegen ist da auch nichts Überhastetes in dem Song, sondern es sind wohl gewählte Worte, die auch ganz allgemein funktionieren, die zum Song passen und kein bisschen verzweifelt klingen – weil ich das nicht bin. Ich habe meine Würde und meinen Stolz. Und die werde ich auch behalten.

Aber Sie scheinen sich doch nach Oasis zurückzusehnen – sonst hätten Sie kaum Zeilen wie „Come on and give peace a chance“ verfasst . . .

Natürlich habe ich diesen Wunsch. Und das ist auch keine große Überraschung, oder? Ich meine, wir hatten eine tolle Zeit – fantastische 15 Jahre, in denen wir wahnsinnig viel erreicht haben. Und das einfach wegzuschmeißen, ist der Wahnsinn. Wie kann man so blöd sein? Es sei denn, er hat es von langer Hand geplant – und nur auf die passende Gelegenheit gewartet. Was ich – und auch die anderen in der Band – vermuten. Eben, dass er schon immer der Frontmann sein wollte, sich aber nicht getraut hat, diesen Schritt zu machen. Dabei dürfte auch er inzwischen gemerkt haben, dass er solo nicht an Oasis heranreicht. Insofern kann ich nur sagen: Chill out, Bruder – und „Give peace a chance“.

Sie haben auch privat keinerlei Kontakt?

Nein, wir haben seit Paris 2010 kein Wort mehr gewechselt.

Daran konnte selbst die Meisterschaft von Manchester City 2012 nichts ändern?

Das ist Fußball, Mann. Das zählt nicht. Ich habe ihn nur bei einem Spiel gesehen. Aber richtig unterhalten haben wir uns nicht – da waren andere Sachen wichtiger.

Also wird es keine gemeinsame Tournee zum 20. Jubiläum von „(What’s The Story) Morning Glory“ geben?

Ich bezweifle es. Was – wie gesagt – nicht an mir liegt. Und verdammt schade ist. Es ist immer noch ein tolles Album!

Und Ihre Äußerung im britischen Q-Magazin, dass Sie für eine Gage von 30 Millionen Pfund sofort bereit wären?

Das war ein Spaß. Das habe ich nicht ernst gemeint. Seien wir ehrlich: Es würde kein Promoter soviel Geld auf den Tisch legen. Das ist doch lächerlich.

Also?

Ich würde es auch für fünf Cent machen. Im Ernst: Ich wäre sofort dabei. Nur: Ich denke nicht, dass es so schnell dazu kommt.

Was haben Sie gedacht, als Noel bei einem Wohltätigkeitskonzert für Aidskranke mit Damon Albarn aufgetreten ist? Ist das der ultimative Betrug an Oasis – der Schulterschluss mit dem Erzfeind?

Nein, Noel kann machen, was er will. Und er kann abhängen mit wem er will. Das ist mir egal. Zumal ich immer gedacht habe, dass Damon ein netter Kerl ist. Also sehr witzig . . .

Wie bitte?

Es gab da nie eine Feindschaft, wie immer behauptet wurde. Sondern wir haben uns privat immer ganz gut verstanden. Na ja, meistens jedenfalls. Wir waren Konkurrenten, aber keine Feinde. Und das ist ja alles schon ein paar Jahre her. Insofern: Wen juckt’s? Der Coolste von Blur war übrigens immer Graham Coxon. Mit ihm hänge ich sehr, sehr gerne ab. Ein netter Kerl. Aber Noel? Pfff . . . Soll er doch machen. Wobei ich mich ernsthaft frage, seit wann er sich für Aidskranke interessiert. Das ist ihm bislang komplett abgegangen. Aber er hat ja eh einiges gutzumachen. Da kann er auch damit anfangen . . .

Was, wenn Ihr aktuelles Album ein ähnlicher Flop wird wie das erste?

Dann werden wir es trotzdem live spielen – da gibt es kein Zurück. Aber: Ich werde ziemlich sauer sein. Im Sinne von: „Verdammt nochmal, warum tue ich mir das überhaupt an?“ Also das wäre echt übel. Aber ansonsten? Ich weiß nicht, was ich als nächstes machen würde. Vielleicht einfach noch ein weiteres Album. Eben, weil wir einen Haufen unveröffentlichter Songs haben – und uns dann sowieso alles egal wäre. Nach dem Motto: Jetzt erst recht.

Also wäre das nicht das Ende von Liam Gallagher, dem Rockstar?

Noch lange nicht. Ich werde definitiv ein weiteres Album aufnehmen. Ich meine, was sollte ich auch sonst machen? Ich würde mich garantiert tierisch langweilen. Und allein deshalb wäre ich schnell wieder im Studio. Das ist schließlich mein Job.

Sie könnten sich auch auf Ihre Modelinie konzentrieren . . .

Könnte ich. Nur: Ich glaube nicht, dass mich das ausfüllt. Das reicht höchstens für eine halbe Stunde am Tag. Und was dann?

Demnach sind Sie gar nicht so ins Tagesgeschäft involviert?

Doch, das bin ich. Sehr sogar. Vor allem was die „Black Label“-Geschichten betrifft, die ich auch selbst trage. Das ist mein Bereich. Und da bin ich auch derjenige, der sagt: „Ich brauche noch mehr Jacken. Mit dem und dem Stoff. Und gefälligst schnell!“ Ansonsten ist es Pat, der sich um das Meiste kümmert.

Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen „Black Label“ und „Pretty Green“ – sofern es einen gibt?

Klar gibt es den. „Black Label“ ist definitiv ein bisschen anspruchsvoller. Nämlich richtige Rock’n’Roll-Klamotten im Sinne der späten 60er. Mit viel Wildleder, Tweet und solchen Sachen. „Pretty Green“ ist dagegen mehr Jeans und Pullover. Also Freizeitbekleidung. Das ist eher für Kids, die sich nicht mehr leisten können. Was nicht heißt, dass die Sachen billig wären oder nichts taugen. Sie sind halt nicht ganz so edel wie der andere Kram.

Ein Modell, das scheinbar sehr gut läuft. Hätten Sie je gedacht, dass Sie mal ein Modeimperium mit vier Millionen Euro Jahresgewinn leiten würden?

Natürlich nicht. Zumal ich von der Modewelt an sich ja nicht viel halte. Meiner Meinung nach sind da wirklich viele Deppen am Werk. Und insofern ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass es bei mir so gut läuft. Aber ich habe ja auch gutes Personal, das für mich arbeitet. Designer wie Geschäftsleute. Das ist wichtig. Und ich bin das nicht völlig naiv und unvorbereitet angegangen. Ich bin ja nicht Robbie Willliams, der die Klamotten seines Großvaters kopiert. Das ist doch wirklich armselig. Wer soll das tragen – außer ihm?

Was kommt als nächstes? Das Liam-Gallagher-Parfüm?

Damit fange ich gar nicht erst an. Einfach, weil ich keine Ahnung davon habe. Und auch kaum welches benutze. Ich bin ja nicht „fuckin J. Lo“, oder? Ganz abgesehen davon, rieche ich auch so gut!

Im August sind Beady Eye auf Deutschland-Tour. Was erwartet uns dabei?

Leinwände, auf denen wir Filme zeigen, die wir extra für die neuen Songs gedreht haben. Was auch ruhig ein bisschen psychedelisch sein darf, weil das ja zur Musik passt. Wir werden auch Kameras an den Gitarren und am Mikro installieren, um nette Effekt zu erzielen. Aber: Es wird immer noch eine Rock’n’Roll-Show. Eine mit viel Biss und ordentlich Krach.

Spielen Sie auch Oasis-Songs?

Yep.

Inklusive „Wonderwall“?

Das bringen wir garantiert nicht! Wir beschränken uns auf „Morning Glory“ und „Rock’n’Roll Star“. „Wonderwall“ war eine einmalige Sache für die Abschlussfeier der Olympischen Spiele hier in London. Daran haben wir nur teilgenommen, weil Noel nicht wollte – was unglaublich ist. Ich meine: Wie kann man so etwas ausschlagen? Aber egal, ich will mich nicht weiter aufregen. Nur soviel: Wer „Wonderwall“ hören will, muss zu einem seiner Konzerte gehen, und fertig aus.