Bottrop. . Großartige Amerika-Bilder von Robert Adams im Bottroper Museum Quadrat – und eine ganze Reihe von Fotoausstellungen zwischen Düsseldorf und Dortmund, von Wolfgang Tillmans über Anton Corbijn bis Weegee.

Nie wurde so oft auf den Auslöser gedrückt wie heute, Smartphones sind längst Digitalkameras mit angehängter Telefonfunktion. Aber die Bilder, die da entstehen, werden nicht angeschaut. Sie werden durchgesehen, gepostet, gespeichert, archiviert – für später. Was immer öfter heißt: auf Nimmerwiedersehn.

Vielleicht nimmt deshalb die Anziehungskraft von Fotografien auf Papier so enorm zu. Papier heißt: Die sind zum Schauen erstellt. Das sind keine schnellen Schnappschüsse. Das sind Werke, bei denen sich jemand was gedacht hat und Mühe gemacht hat oder sogar richtig Arbeit.

Aus der Serie „What We Bought
Aus der Serie „What We Bought". (Foto: Thomas Schmidtke)

Vielleicht ist deshalb so etwas wie der Sommer der Fotografie ausgebrochen, in Düsseldorf hat die Kunstsammlung NRW gerade die Fotoausstellung des Turner-Preisträgers Wolfgang Tillmans verlängert, die Ludwig Galerie Schloss Oberhausen zeigt die Bilder des knallharten Reportage-Schützen Weegee, im Essener Folkwang sind die Deutschland-Serien von Leonard Frees zu bestaunen, das Kunstmuseum Bochum rollt dem Starfotografenstar Anton Corbijn den roten Teppich aus und auch im Dortmunder Ostwall Museum dominieren Fotografien die Ausstellung „Stadt in Sicht“.

Jetzt zeigt das Bottroper Museum Quadrat auch noch rund 300 schwarz-weiße Originalabzüge eines amerikanischen Foto-Riesen, der bei uns noch ein Tipp unter Kennern ist: Robert Adams, Jahrgang 1937, gelernter Literarhistoriker, der 1965 seine erste Großbildkamera bekam und vier Jahre später erste Bilder ans New Yorker Museum of Modern Art verkaufte.

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Das wohl schönste Bild der Ausstellung steht am Anfang, ein Landschaftsgemälde auf Fotopapier, mit kilometerhohem Himmel, dessen Bläue man noch im Schwarzweiß zu sehen meint, hinter winzigen Wolkenfetzen, über einer endlos flachen Steppenlandschaft, durch die sich ein Weg schmiegt, um sich noch vor dem Horizont im Irgendwo zu verlieren. Und Adams macht, was eigentlich gar nicht geht: Der Vordergrund liegt im Schatten einer Wolke, erst tief hinten beginnt die Weite zu leuchten.

Das verlorene Paradies

Robert Adams fotografiert die Realität, „The Place We Live“ heißt die Ausstellung, der Ort, an dem wir leben. Er zeigt die Verschandelung der großartigen Landschaften an der US-Westküste durch chaotische Zersiedelung, durch anhaltendes Abholzen der Wälder, durch das Vordringen der Konsumindustrie in den letzten Winkel der Lebenswelt. Aber: Adams ist kein plakativer Ankläger, er rückt die Verwahrlosung der Alltagswelt wie nebenbei in den Fokus. Die Menschen seiner Fotos könnten auch die Bilder von Edward Hopper bevölkern. Sie kommen zurecht, aber die Melancholie ihrer Blicke erzählt von zerborstenen Träumen.

Im Hintergrund dieser Bilder aber bleibt, wie das Leuchten der Landschaft am Anfang, stets die Erinnerung daran, dass dieser Westen Amerikas einmal ein Paradies war – und es vielleicht auch wieder werden könnte. Wie ein Vorschein geglückten Lebens wirkt deshalb seine nächtliche Rummel-Aufnahme und noch mehr ein kleines Bild am Ende der Ausstellung: Wiederum eine Nachtaufnahme, der Wipfel eines Baums ist an seiner Kontur zu erkennen, dahinter funkelt ein Meer aus Sternen, als wäre das Universum der Schmuck der Erde. Das Paradies in weiter Ferne so nah.