Recklinghausen.. Ruhrfestspiele: Ein Abgesang mit Melancholie und Verführungs-Duell – „Mr. Robinson“ mit dem „Selig“-Sänger an der Spitze gibt einen Vorgeschmack auf das, was einmal der große Simon & Garfunkel-Abend werden soll.

Als Abgesang auf das Motto von „Aufbruch und Utopie“ war das Thema der letzten von 98 Ruhrfestspiel-Produktionen gut gewählt: Schließlich beobachtete wohl niemand inmitten der Hippie-Euphorie der späten 1960er so skeptisch und schrieb so melancholisch-zartbittere Songs wie Paul Simon.

Jan Plewka übersetzte das in seiner Version von „I am a Rock“ mit „Love and Peace ein einziges Klischee“. Erneut tat sich der „Selig“-Sänger mit dem großen Liederabend-Regisseur Tom Stromberg zusammen und präsentierte vor den Tausend im Ruhrfestspielhaus einen „Try out“ des noch etwas unfertigen Simon & Garfunkel-Sets.

Mr. Simon darf als großer Dichter gelten

Als wär’s eine Kneipenlesung, knipsten Plewka und seine vier Musiker (nicht „Selig“, das wäre noch schöner gewesen) Tischlämpchen an, zündeten synchron ihre Zigaretten und lasen vom „Klang der Stille“ und vom „Buch­ende“. Ja, kapiert, Mr. Simon darf als großer Dichter gelten.

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Als großer Melancholiker, stets am Rande der Resignation, überzeugte er mit „The Boxer“ – und dieser Auftakt-Song stand Jan Plewka samt Band ausgezeichnet. Die schöne „Schwester Schwermut“ besingt er ja auch auf dem neuen „Selig“-Album. Und das Œuvre von Simon & Garfunkel lässt sich mit der leicht kratzigen Stimme des 42-Jährigen gut hören. Zuckersüße Vokal-Harmonien müssen draußen bleiben.

Dem alten Sound treu

Die Band spielte viel lauter als S & G, doch die Arrangements blieben dem alten Sound treu. Vielleicht kommen ja bis zum Hamburger Sommerfestival noch ein paar Plewka’sche Übersetzungen dazu: die knappen Kostproben klangen vielversprechend.

Als Schauspieler kann er sich allerdings nicht mit dem jungen Dustin Hoffman messen: Nach „Mrs. Robinson“ spielten der schlaksige Sänger und die imposante Sandra Maria Schöner im figurbetonten Kostüm die Verführungsszene aus Mike Nichols’ „Reifeprüfung“ und sangen im Duett die jahrhundertealte Melodie von „Scarborough Fair“. Und aus dem rezitierten „Klang der Stille“ wurden doch noch druckvoll musizierte „Sounds of Silence“.