Essen. Ganz Ohr für den Meister: Von alten Schätzchen bis zur großen Oper am Klavier – das Wagner-Jahr bietet für fast jeden Geschmack etwas. Raritäten, Blasmusik und gar den „Ring“ von Loriot.

Götterdämmerung auf zwei Klavieren

Vor der Erfindung der Schallplatte konnte man Wagners Opern nur in Bearbeitungen hören, wenn man keine Gelegenheit hatte, ins Theater zu gehen. Besonders auf zwei Flügeln lässt sich die Musik des Meisters gut wiedergeben. Das Klavierduo Yaara Tal & Andreas Groethuysen hebt jetzt einen regelrechten Schatz: Die Klavierbearbeitungen von Siegfrieds Tod und der Schlussszene der Götterdämmerung durch Thomas Manns Schwiegervater Alfred Pringsheim. Das klingt brillant und macht klangsüchtig. Yaara Tal & Andreas Groethuysen: Richard Wagner. Götterdämmerung, Sony Classical, ca. 20 €.

Der ganze Ring an einem Abend, das schafft nur Loriot. Am Beispiel der Aufnahme Herbert von Karajans und der Berliner Philharmoniker erzählt der große Wagner-Verehrer die Handlung auf zwei CDs in straffer Form und reichert sie mit dem ihm eigenen Humor an. Den legendären Platten-Klassiker gibt’s jetzt in einer Remaster-Version: Ein augenzwinkerndes Hörvergnügen nicht nur für Eilige. Loriot erzählt Richard Wagners Ring des Nibelungen. Deutsche Grammophon, ca. 23 Euro.

Schweizer Gardeklänge

Als Flüchtling kam Wagner nach Zürich, hier lebte er fast zehn Jahre, so lange wie an keinem anderen Ort außer Bayreuth. In Zürich konnte er auch 1853 die ersten Festspiele verwirklichen. Daran erinnert das Tonhalle-Orchester unter seinem großartigen Dirigenten David Zinman. Mit schlank-vibrierendem Klang und ohne Angst vor auftrumpfenden Gesten kosten die Musiker und Bassbariton Egils Silins die größten Wagner-Hits aus: Holländer-Ouvertüre, Walkürenritt und Siegfrieds Rheinfahrt. Das CD-Booklet erfreut den Wagnerianer, denn es ist liebevoll als Kartonbüchlein gestaltet und bietet eine Fülle von Material. Richard Wagner in der Schweiz. Tonhalle Orchester, David Zinman, Egils Silins. Sony/RCA, ca. 20 €.

Ein Schatz, live aus New York

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Das nennt man ein Gipfeltreffen in Sänger-Walhall: Kirsten Flagstad, Lauritz Melchior, Hans Hotter, Astrid Varnay: Ja, wenn die „Met“ auf Sendung ging, sangen die Besten der Besten. Eine Box für Nostalgiker versammelt große Wagner-Übertragungen des berühmten Opernhauses. Viele sind 60, 70 Jahre alt. Dass es rauscht, hustet und knistert, werden Fans in Kauf nehmen. Dafür sind sie Ohrenzeuge elektrisierender Live-Auftritte und hingebungsvoll agierender Ensembles, zu denen die besten Dirigenten der Zeit zählten: Erich Leinsdorf, Fritz Reiner, George Szell. Wagner at The Met. Legendary Recordings. 25 CD, alle Meisteropern außer Parsifal, Sony Classical. Ca. 64 €

Italien-Sehnsucht

Neben Furtwängler gilt Arturo Toscanini (1867-1957) vielen als größter Wagner-Dirigent aller Zeiten. Verschiedener hätten zwei Künstler nicht sein können. Während selbst Berlins Philharmoniker sich heimlich absprachen, wann sie unter Furtwängler einsetzten (Taktstock auf Höhe des dritten Westenknopfs!), war Toscanini als Präzisionsfanatiker gefürchtet. Dass dabei die Seele der Musik nie auf der Strecke blieb, lässt diese Box mit dem NBC Orchester und großen Stimmen wie Helen Traubel (Sieglinde) uns hören. Seidig gerät Toscanini das Lohengrin-Vorspiel, übermächtig jenseitig der Karfreitagszauber. Da war Toscanini 85 Jahre alt. Unglaublich gut! Eine der schönsten CD-Editionen im Wagner-Jahr. Toscanini conducts Wagner, 4 CD, Sony Classical, Ca. 20 €

Bayreuth ganz Blech

Für „Celebrating Wagner“ haben sich Blechbläser erstklassiger deutscher Orchester zusammengetan. Also: Sänger weg, Streicher weg - und trotzdem bleibt es immer noch große Oper, was „German Brass“ als Dutzend Posaunen, Hörner und Trompeten zaubert. Das Album ist schillernd und gelegentlich sogar schräg. Extrem virtuos geht es pausenlos zu, mal fast satirisch (beim „Spinnerlied“ aus dem Fliegenden Holländer) mal mit heiligem Ernst (Parsifal). An entscheidender Stelle greifen Schlagzeuger dem prallen Klangbild unter die Arme. Ein Spaß für alle, die die Anlage gerne mal voll aufdrehen. German Brass: Celebrating Wagner. Berlin Classics, ca. 17€

Fortschritt für Einsteiger

Eine Einsteiger-Box von Format. Erstens ob guter Bandbreite von Rienzi bis Parsifal. Zweitens, weil ein Textbuch übersichtlich und anschaulich Wagners Werk und Leben skizziert. Drittens sind die gewählten Auszüge von guter bis exzellenter Qualität. In die letzte Gruppe gehört etwa eine kaum noch bekannte „Rheingold“-Aufnahme unter Rudolf Kempe, famos transparent. Dietrich-Fischer Dieskau, Theo Adam, Gottlob Frick, aber auch legendäre Vorkriegssänger wie Max Lorenz und Maria Reining bürgen für vielstimmigen Meistergesang dieser deutsch-deutschen Geburtstags-Box. Richard Wagner: Highlights. Berlin Classics, 4 CD, ca. 25€