“Half-a-Wind Show“ ist die Retrospektive zum Werk der Konzeptkünstlerin Yoko Ono in der Frankfurter Kunsthalle Schirn überschrieben. Der Titel umreißt ihren Inhalt knapp und treffend: Wie der Wind sind die Werke der vor allem als Frau und Witwe des Beatles-Musikers weltberühmt gewordenen Japanerin schwer fassbar.

Frankfurt/Main (dapd-hes). "Half-a-Wind Show" ist die Retrospektive zum Werk der Konzeptkünstlerin Yoko Ono in der Frankfurter Kunsthalle Schirn überschrieben. Der Titel umreißt ihren Inhalt knapp und treffend: Wie der Wind sind die Werke der vor allem als Frau und Witwe des Beatles-Musikers weltberühmt gewordenen Japanerin schwer fassbar. Ono machte sich in den 1960er und 1970er Jahren einen Namen als feministisch und pazifistisch engagierte Performancekünstlerin einen Namen, als eine der wenigen Frauen in der losen Fluxus-Bewegung, als Schöpferin von Werken, die ihre Betrachter zu aktiver Beteiligung aufriefen und erst dadurch zu Kunst, zu sozialen Skulpturen wurden.

Zur Eröffnung der Ausstellung tritt Yoko Ono am Donnerstag in der Schirn im schwarzen Hosenanzug, mit schwarzem Hütchen und dunkler Brille auf und erklärt ihr Faible für das Attribut halb, das mehrere ihrer Kunstwerke ziert, allen voran die in Frankfurt zu sehende Installation "Half-a-Room" mit entzwei geschnittenen Einrichtungsgegenständen von 1967: Auf die Idee sei sie eines Morgens gekommen, als sie aufwachte und John Lennon nicht neben sich im gemeinsamen Bett vorfand. "Ich dachte. Hm, die Hälfte des Betts ist nicht hier", erzählt sie in Frankfurt: "Und ist es nicht so, dass wir alles nur zur Hälfte oder wenigstens lückenhaft wissen?"

Es mag also so sein, dass die ganze Welt Yoko Ono kennt, wenn auch kaum jemand ihre Kunst, wie Schirn-Direktor Max Hollein meint. Aber auch Yoko Ono kennt nicht die ganze Welt.

"Alle sind Künstler"

Die gesamte Wahrheit entsteht für Yoko Ono erst in der Interaktion mit anderen, in ihrer Kunst also unter Beteiligung der Betrachter. "Sie alle sind Künstler, und alles, was Sie dafür tun müssen, ist, Sie selbst zu sein", schließt die Künstlerin, die am Montag (18. Februar) 80 Jahre alt wird. Das mag für westliche Ohren esoterisch klingen, für eine mit ganzheitlichem Denken vertrautere Japanerin wie Yoko Ono aber vermutlich ganz natürlich.

Und natürlich klingt es nach der Losung "Love & Peace" der Hippie-Bewegung, der Yoko Ono nicht zuletzt mit den berühmten "Bed-ins" an der Seite John Lennon ein berühmtes Gesicht gab. Von den Happenings in Amsterdam und Montreal zeugen in der Schirn keine Bilder. Mit rund 200 Objekten, Installationen, Texten, Zeichnungen, Filmen und Fotografien erlaubt die Retrospektive einen umfassenden Blick auf Onos Werk - so umfassend wie keine Schau in Europa zuvor, betont Hollein.

Berühmte Videos wie das von der regungslosen jungen Frau, über deren nackten Körper Fliegen krabbeln ("Fly", 1970), oder das mit einer Reihe nackter Hinterteile ("Bottoms", 1967); eine Wand voller Zeichnungen, die alle das Yin&Yang-Zeichen variieren; das "Painting To Be Steeped On" von 1961, von dem vom vielen Betretenwerden nur noch ein Fetzen Leinwand übrig ist und das als eines der ersten partizipativen Kunstwerke gilt; die Installation mit den chinesischen Grillenkästen, die an Menschheitskatastrophen wie den Abwurf der Atombombe über Hiroshima oder die Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg erinnern und unter denen ein Buch für Erinnerungen an persönliche Verluste der Betrachter ausliegt: In Werken wie diesen drückt sich der Appell Yoko Onos zur Befreiung von Zwängen und zum friedlichen Miteinander aus.

"Machen wir uns die Welt schön"

Die Retrospektive offenbart aber auch den Humor der Künstlerin, wie er für die mit der Tradition des klassischen Kunstwerks brechenden Fluxus-Bewegung typisch ist. Ihr "Painting To Let The Evening Light Go Through" von 1961 besteht aus einer durchsichtigen Plexiglasscheibe; in die "Danger Box" von 1971 kann man ohne Sorge vor Veränderung seine Hand stecken; "You And Me" von 1966 zeigt zwei mit Wasser gefüllte Kondome; bei den "Air Dispensers" von 1971 handelt es sich um Kaugummiautomaten, die mit Luft gefüllte Kapseln ausgeben; beim "White Chess Set" (1966) sind alle Schachfiguren weiß, jeder Spieler muss sich die seinen also merken - oder er gibt die Konfrontation auf.

"Allein die Kunst", sagt Yoko Ono in Frankfurt, "verhilft der Wahrheit zu ihrem Recht, und zwar unter Ihrer Beteiligung. Denn der Künstler ist anders als der Politiker frei, alles zu sagen." Über das partizipative Element in ihrer Kunst will Yoko Ono die Menschen zueinander führen. "Machen wir uns die Welt schön", sagt sie.

dapd