Ringen verschwindet aus dem Olympia-Programm. Dabei hat die Sportart den Zuschauern magische Momente wie das Duell zwischen Wilfried Dietrich und US-Koloss Chris Taylor beschert. Ein Kommentar.

München, 1972. Es ist einer dieser magischen Momente, die man als Betrachter nie wieder vergisst. Wilfried Dietrich nennt jedermann zwar den „Kran von Schifferstadt“, aber er sieht sich beim olympischen Ringerturnier einem schier übermächtigen Gegner gegenüber. Chris Taylor, ein Berg von einem Kerl, fast 200 Kilogramm schwer. Selten passt das Bild vom Duell David gegen Goliath besser als hier. Es geschieht Sensationelles: Dietrich krallt sich den Koloss aus den USA und reißt ihn mit einem nie für möglich gehaltenen Überwurf zu Boden. Schultersieg für den Deutschen. Legendär die Szene – legendär die Bilder, die am nächsten Tag die Titelseiten der Zeitungen schmücken.

Jetzt wird Ringen, die vielleicht klassischste aller olympischen Disziplinen, aus dem Programm verschwinden. Da muss man – Achtung, Wortspiel – schon um Fassung ringen. Was kommt denn als Nächstes? Vielleicht keine Medaillen mehr fürs Diskuswerfen, Reiten oder Boxen?

Kerle mit markanten Blumenkohlohren

Sicher, das Interesse an den meist gedrungenen Kerlen mit ihren markanten Blumenkohlohren sinkt seit Jahren. Dennoch, und bei allem Fortschrittsdenken: Das Wahren von Traditionen sollten sich die Verantwortlichen des größten Sportspektakels der Welt durchaus auf die Fahnen schreiben. Aber spielen derlei Überlegungen überhaupt noch eine Rolle? Geht es bei Olympia nicht längst ausschließlich um den Profit?

Die Alternativen zum Kampf im freien oder griechisch-römischen Stil heißen Softball, Wakeboarden oder Klettern. Ausgewählt wird die neue Sportart unter anderem nach Kriterien wie TV-Quoten und Anzahl der verkauften Tickets. Noch Fragen?