London.
Sensationsfund im englischen Leicester: Archäologen haben unter einem Parkplatz die verloren geglaubten Gebeine von König Richard III. entdeckt. Über das Skelett des brutalen Tyrannen, der nur zwei Jahre regierte, aber durch das gleichnamige Stück von Shakespeare weltberühmt wurde, hätte man fast stolpern können. Der Fund ist das Ende eines Forschungskrimis mit britischer Schrulligkeit.
Richards Ende 1485 in der Schlacht von Market Bosworth war blutig, noch das Skelett trägt die Spuren seiner letzten Schlacht. Die Forscher präsentierten ein gut erhaltenes Knochengerüst, das deutlich die legendär verkrümmte Wirbelsäule des Monarchen und mehr als zehn schwere Verwundungen zeigt. An der Unterseite seines Schädels fehlt eine ganze Knochenplatte, die Oberseite wurde durchbohrt. „Jede Verletzung für sich war tödlich“, sagt Jo Appleby, Archäologin an der Universität Leicester, „wir gehen davon aus, dass er in der Schlacht seinen Helm verloren hat und von einem Stabdolch getroffen wurde.“
„Ich habe meine Augen verdreht“
Auf einem Lastenpferd ließ Nachfolger Heinrich VII. aus dem Hause Tudor die Leiche von Richard III. nach Leicester tragen – Zeichen einer neuen Ära. Ohne Pomp setzte man ihn im Franziskaner-Kloster Greyfriars bei. Die über der Hüfte verschränkten Handgelenke des Skeletts zeigen, dass ihm in der ruppigen Eile nicht einmal die Fesseln gelöst wurden. Das Kloster verschwand mit der Reformation, die Gebeine des Königs, lautete die Legende, seien irgendwann im Fluss entsorgt worden.
Mit dieser Version hat sich nur ein hartgesottener Geschichtsfan wie der Historiker John Ashdown-Hill nicht zufrieden gegeben. Er durchkämmte Archive, fand Fehler auf alten Karten, suchte weiter und fand schließlich in Kanada sogar einen letzten lebenden Nachfahren der Schwester des Königs. Für einen DNA-Abgleich fehlte jetzt nur noch eines: die Leiche des Monarchen. Angesichts der Detektivarbeit ließ sich der Stadtrat von Leicester erweichen, auf seinem Parkplatz im August 2012 Ausgrabungen zu erlauben. Selbst die verantwortlichen Archäologen der Universität Leicester blieben jedoch kritisch: „Ich habe – ehrlich gesagt – meine Augen verdreht, als wir gefragt wurden“, so ihr Vorsitzender Richard Buckley, „in der Archäologie soll man sich eigentlich nicht um Prominente kümmern.“ Doch der Bagger stieß am 12. September sofort auf historisches Gold: 618 Millimeter unter dem Asphalt tauchten die ersten Steine der Klosterruine auf.
Dass es sich bei den Überresten um Richard III. handelt, sei nach einem DNA-Abgleich mit dem kanadischen Möbelbauer Michael Ibsen, dem Nachfahren der Königs-Schwester „ohne jeden Zweifel“ sicher, so Buckley. Ibsen zeigte sich gestern „zutiefst traurig“, dass Richard III. einen so brutalen Tod gestorben sei.