Bochum. . Eine große Ausstellung im Bochumer Bergbau-Museum breitet archäologische Schätze und die Geschichte eines weitgehend unbekannten Landes aus. Es funkelt vor Gold – und eine echte Großraum-Jurte ist ebenfalls im „Schwarzen Diamanten“ aufgebaut.

Nur acht Länder auf der Erde sind größer als Kasachstan, das rohstoffreiche Riesenreich zwischen China und Russland. Doch was kennt man schon aus diesem Land, vom Weltraumbahnhof in Baykonur vielleicht mal abgesehen.

Wer weiß schon, dass sich die Sprache des Landes über die Jahrhunderte hinweg so wenig verändert hat, dass Kasachen noch heute problemlos Dichtertexte verstehen können, die im 7. oder 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung entstanden sind? Dabei wurde kasachische Literatur in vier verschiedenen Alphabeten aufgeschrieben, je nach Herrscher zunächst mit dem alttürkischen, dann mit dem arabischen, ab 1929 mit lateinischen Buchstaben und seit 1940 schließlich mit kyrillischen.

Der goldene Mann von Issyk empfängt die Besucher im Foyer des Museum.
Der goldene Mann von Issyk empfängt die Besucher im Foyer des Museum. © Ingo Otto / WAZ FotoPool

18 Pferde im Grab

Überhaupt: Die kasachische Kultur ist Jahrtausende alt, die sagenumwobenen, mit Gold herumprassenden Skythen hatten hier ihr erstes Reich. Der Metall-Reichtum des Landes prägte die Kultur genau wie seine Nomaden-Traditionen, deshalb ist der Boden hier ebenso reich an archäologischen Schätzen wie an Erzen. So begannen die Montan-Archäologen des Deutschen Bergbau-Museums Bochum vor zehn Jahren, in den Weiten des Landes zu graben. Sie erforschten, wie die Bronzezeit hier Kupfer und Zinn aus der Erde, aus den Felsen holte, um sie zu Bronze zusammenzuschmelzen.

Und sie lernten jenen archäologischen Reichtum des Landes kennen, der sich nun in einer sehenswerten Ausstellung des Bochumer Bergbau-Museums spiegelt. So ist hier etwa – als Nachbau – der älteste bekannte Streitwagen der Welt zu sehen, der den Feinden auf Speichenrädern entgegenrollte: Die waren leichter und zerbrachen nicht so schnell wie Räder aus Massivholz. Die zweirädrigen Streitwagen, die von mehreren Pferden gezogen wurde, waren in der Bronzezeit das, was heute Computer und Smartphones sind: Sie beschleunigten das Alltagsleben auf ein ungeahntes Tempo.

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Ausstellungsstücke werden spannend inszeniert

Nicht alle der rund 1000 Objekte, die das Museum auf zwei Ebenen im „Schwarzen Diamanten“ zeigt, sind so spektakulär wie der 2,20 Meter hohe „Goldene Mann von Issyk“, an dem vom Schienbeinschoner bis zum Pfeilspitzen-Vorrat an der spitz aufragenden Helm-Mütze alles Mögliche aus Gold ist, die Knäufe der beiden Schwerter eingeschlossen.

Doch die Ausstellungsmacher präsentieren die Fundstücke ausgesprochen anschaulich – etwa mit der Rekonstruktion eines mehr als 2000 Jahre alten Kurgan-Grabhügels inklusive der Löcher im Sarg, die schon kurz nach der Bestattung von Grabräubern hinterlassen wurden. Denen entging aber, dass dem adeligen Paar, das hier etwa um die Zeit von Christi Geburt bestattet wurde, als Zeichen des Reichtums auch 18 Pferde mitgegeben wurden, in vollem, goldstrotzenden Ornat. Wie genetische Untersuchungen ergaben, waren die Tiere nicht miteinander verwandt, jedes stand für eine eigene Herde. „Und das Gold“, funkelt der Archäologe Manfred Linden beim Blick auf die Vitrinen, „hat schon am Fundort genauso geglänzt wie jetzt hier, das musste so gut wie gar nicht poliert werden.“

Eine originalgetreue Jurte, das typische Wohnzelt der Nomaden, mit einer prächtigen und sehr farbenfrohen Einrichtung
Eine originalgetreue Jurte, das typische Wohnzelt der Nomaden, mit einer prächtigen und sehr farbenfrohen Einrichtung © Ingo Otto / WAZ FotoPool

Die kasachischen Nomaden züchteten Schafe, Pferde und Kamele (Rinder und Ziegen galten als Vieh der Armen); sie zogen von Weideplatz zu Weideplatz. Bis heute hat fast jeder Kasache noch eine Jurte, ein Zelt aus Fellen, Holz und Schnüren, die binnen anderthalb Stunden zur praktischen Zweiraumwohnung (links die „Männerseite“, rechts die „Frauenseite“) aufgebaut werden kann. Manche Kasachen bauen sie nicht nur an Festtagen auf, sondern leben darin, Geschirrspüler, Flachbildschirm und Waschmaschine inklusive. Wie sich das anfühlt, wie das riecht, auch das lässt uns die Bochumer Ausstellung über das „unbekannte Kasachstan“ wissen, mit einer Original-Jurte.