Lana del Rey, Frank Ocean, Cro und Kraftklub heißen dieses Jahr möglicherweise Angel Haze, Jake Bugg, Heisskalt und Haim. Diese neuen Stars und Sternchen am Pop- und Rock- und Rap-Himmel wirft die Musikbranche 2013 unter anderen in den Ring - in der Hoffnung auf den großen Durchbruch, gern in Form von Plattenverkäufen.

Berlin (dapd). Lana del Rey, Frank Ocean, Cro und Kraftklub heißen dieses Jahr möglicherweise Angel Haze, Jake Bugg, Heisskalt und Haim. Diese neuen Stars und Sternchen am Pop- und Rock- und Rap-Himmel wirft die Musikbranche 2013 unter anderen in den Ring - in der Hoffnung auf den großen Durchbruch, gern in Form von Plattenverkäufen.

Die größten Hoffnungen lasten dabei auf den schmalen Schultern von Jake Bugg, der schon Vergleiche mit Bob Dylan und Johnny Cash tragen muss. Das 18-jährige Wunderkind aus Nottingham, allseits gelobt für die Zeitlosigkeit und Reife seiner Songs, bringt nicht nur Talent, sondern auch eine wunderschöne Newcomer-Vita mit: Er spielt Gitarre, seit er zwölf ist, auf die YouTube-Karriere folgten das Glastonbury Festival, die Radiosender der BBC, ein Song für eine Bier-Werbung, zur Krönung eine Tour mit Noel Gallagher's High Flying Birds. Mit diesem Rückenwind schoss er in Großbritannien 2012 direkt an die Spitze der Albumcharts. In Deutschland ist Buggs selbstbetiteltes Debüt seit dem heutigen Freitag via Universal Music auf dem Markt.

Das weltweit größte Major-Label hat sich wohl nicht ohne Grund auch die US-Rapperin Angel Haze gesichert. Anders als beim Wohlfühl-Musterknaben Bugg lassen die bisherigen Lebensjahre der in einer christlichen Sekte aufgewachsenen 21-Jährigen dem Hörer aber eher das Blut in den Adern gefrieren. Der Engel im Nebel kennt die Hölle und rappt nach abgebrochenem Neurologie-Studium über als Kind erlebte Vergewaltigungen. Ihr Debütalbum kommt erst im Frühjahr, aber schon nach Mixtapes und einer EP platziert die Branche die Rapperin und ihre zu Songs verarbeiteten Traumata ganz weit oben. Am 18. Mai kommt Angel Haze für ihre erste Deutschlandshow nach Berlin.

Klassische Musiker sind hingegen die drei Hippie-Schwestern Haim. Zusammen mit Mum und Dad spielten die kalifornischen Mädels mit den schönen langen Haaren in ihrer ersten Band Rockinhaim. Haim wuchsen als Hausmusiker, nicht als YouTube-Stars auf. Und so werden, wenn es um Este, Danielle und Alana Haim geht, retromäßig Bands der 60er und 70er Jahre a la Fleetwood Mac zitiert. Auch von Haim kommt das Debüt in voller Länge erst noch auf den Markt. Neben einer EP sind es vor allem Liveauftritte an der Seite etablierter Prominenz, mit denen das Poprock-Trio auf sich aufmerksam machte - Strokes-Sänger Julian Casablancas, Florence + The Machine, Mumford & Sons.

Auch Indies produzieren Chartsstürmer

Mit einem berühmten Namen kann auch die kleine Beyoncé-Schwester Solange Knowles aufwarten. Die blickt zwar schon auf ihr drittes Album und geht damit nicht mehr wirklich als Newcomerin durch, der Aufstieg in die erste Liga wird ihr indes erst jetzt prognostiziert.

Dass derweil auch kleine Independent-Labels Chartsstürmer hervorbringen können, bewiesen Chimperator mit Panda-Rapper Cro. Nun legt die Plattenfirma aus Stuttgart nach, vor wenigen Tagen kam das Minialbum (EP) von Heisskalt mit fünf Songs auf den Markt. "Hallo - Mit Liebe gebraut" heißt das gute Stück, die Promoexemplare für die Journalisten hat das Rockquartett gleich handsigniert und mit Herzchen verziert - könnte ja vielleicht mal viel wert werden. Bevor im Herbst das erste Album folgt, sind Heisskalt erst mit Jennifer Rostock und ab März auf Headliner-Tour. Beim Southside-Festival in Neuhausen ob Eck konnten die Gewinner des Newcomer-Contests "Play Live" schon mal schnuppern, wie sich ein Gig vor 1.000 Mann anfühlt.

Abseits des Mainstreams und der Media-Control-Charts wird wohl die britische Punkrockband Apologies, I Have None weiter Schlagzeilen machen. Die taucht zwar nicht in den Rankings der BBC und des für künftige Hypes zuständigen Magazins "NME" auf, fährt nach selbst veröffentlichten EPs mit ihrem Debütalbum "London" (2012) trotzdem mehr als Achtungserfolge ein. Über 200 Blogs und Fanzines widmeten der Band zum Teil fast hymnische Besprechungen. Monatlich verkaufen die vier Jungs derzeit 500 Platten. Darüber schmunzelt jemand, der das Etikett Rockstar trägt, für eine kleine Szeneband ist eine solche Zahl indes durchaus beachtlich. So fingen beispielsweise auch The Gaslight Anthem mal an - jene Band, die vor fünf Jahren nur von Insidern hoch gehandelt wurde, inzwischen jedoch vordere Chartsplätze besetzt und in die großen Stadien einmarschieren will.

Chvrches und Jacco Gardner glänzten beim Eurosonic-Festival

Das Newcomer-Orakel könnte noch ein halbes Dutzend Namen ausspucken: die Rockband Palma Violets, die Indie-Folkband Merchandise, die bierseligen Punkrocker Fidlar, das Frauenrockquartett Savages, die Berliner Rapperin DENA, das schottische Elektropop-Duo Chvrches. Hauptsache, der Name kursiert erstmal kräftig.

Denn natürlich gilt bei den verbreiteten Hitlisten auch das Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung, wie Christian Steinbrink vom Musikmagazin "Intro" sagt. Sprich: Wenn alle Blogs und Magazine über Jake Bugg, Angel Haze und Co. berichten, haben auch "unglaublich viele Leser genau diese Acts auf dem Schirm" und "dann kommt man an bestimmten Namen einfach nicht mehr vorbei".

Die "Intro"-Redaktion hat sich nach dem Besuch des Festivals Eurosonic Noorderslag in Groningen, das als Sprungbrett für Newcomer gilt, auch Chvrches und den Niederländer Jacco Gardner mit seinen Psychedelic-Popsongs mit Ausrufezeichen notiert. Steinbrink sagt über die dort vorgestellten Newcomer bilanzierend aber auch: "Wir waren in den vergangenen Jahren schon mal begeisterter."

Nicht immer steht das Ausmaß der medialen Präsenz im Verhältnis zur tatsächlichen Größe des Künstlers. Oder der Overkill droht: Ein Künstler überholt sich in seiner Entwicklung fast selbst, erlebt binnen eines Jahres alles, was sich sonst über eine jahrzehntelange Karriere verteilt. "Die Berichterstattung schießt sich heute so massiv auf einzelne Hype-Acts ein, dass viele Fans schnell des Künstlers überdrüssig werden - und das nach nur einem Album oder einer Tour", sagt Steinbrink.

Die Erfahrung lehrt auch: Die Vorhersagen haben nicht vorhersehbare Grenzen. So hatte Anfang 2012 niemand den südkoreanischen Rapper Psy auf der Agenda, der im Juli plötzlich mit "Gangnam Style" auftauchte und mit dem Rekord von einer Milliarde YouTube-Klicks Millionär wurde. Immerhin rund eine Millionen Abonnenten hat auch schon der YouTube-Kanal der US-HipHop-Violinistin Lindsey Sterling, deren Album am 8. Februar hierzulande erscheint. Die 26-Jährige mischt Klassik mit Dubstep und schaffte es als erste Künstlerin, Platz eins der Klassik- und zugleich der Dance-Charts zu erreichen.

(Links zu Künstlern und Songs:

https://soundcloud.com/jake-bugg

http://www.angelhazemusic.com/#!All

https://soundcloud.com/haimtime

http://www.heisskaltmusik.de

http://apologiesihavenone.co.uk/

https://soundcloud.com/chvrches

http://www.jaccogardner.com/

http://lindseystirlingviolin.com/ )

dapd