Washington. . Nach dem Globe ist vor dem Oscar. So oder so stehen in diesem Jahr lauter Filme mit brisanten Themen hoch im Kurs. Aktuelle Stoffe wie Terror und Folter sind ebenso auf der preisverdächtigen Leinwand wie die langen Schatten von Abraham Lincoln.
Zwei höchst unterschiedliche Sklavenbefreier standen Sonntagabend im Hotel Beverly Hilton von Los Angeles hoch im Kurs. Erst gewann der Deutsch-Österreicher Christoph Waltz für seine Rolle als Dr. King Schultz in Quentin Tarantinos „Django Unchained“ den Golden Globe für die beste männliche Nebenrolle. Später setzte der irisch-amerikanische Groß-Mime Daniel Day-Lewis für seine Verkörperung des gleichnamigen legendären amerikanischen Präsidenten in „Lincoln“ als bester Darsteller in einem Drama noch einen drauf. Sein weiblicher Gegenpart: Jessica Chastain, die für ihre Rolle in dem Osama-bin-Laden-Drama „Zero Dark Thirty“ geehrt wurde.
Spielbergs Historien-Schinken
Sollten die „Globes“, die zum 70. Mal von der Vereinigung der Auslandspresse Hollywoods vergeben wurden, ihrem Ruf als Oscar-Orakel gerecht werden, stünde dem Historien-Schinken aus der Endphase des amerikanischen Bürgerkrieges von Steven Spielberg Ende Februar ein kleines Waterloo ins Haus. „Lincoln“ war auch beim zweitwichtigsten Filmpreis für mehr als ein halbes Dutzend Auszeichnungen nominiert.
Da half auch nichts, dass Bill Clinton persönlich live ein gutes Wort für den Film einlegte, die Juroren verteilten ihre Gunst anderweitig. Vor allem an „Argo“. Das Kammerspiel um die historische US-Geiselbefreiung im Iran 1979 räumte in den Sparten bestes Drama und beste Regie ab. Für Ben Affleck doppelte Genugtuung. Der Schauspieler und Regisseur ist zum Leidwesen vieler Kommentatoren in den USA bei den Oscars nicht mal nominiert.
Zu den Gewinnern des Abends muss man sowieso das politisch grundierte Film- und Fernsehschaffen zählen. „Game Change“, ein TV-Film, der hellsichtig Aufstieg und Fall der republikanischen Vize-Präsidentschaftskandidatin von 2008, Sarah Palin, zum Inhalt hat, wurde dreifach belobigt. Herausragend hier: Julianne Moore.
Ebenfalls drei Trophäen trug das Team von „Homeland“ nach Hause. Das Terroristen-Jäger-CIA-Vexierspiel um einen zum „Schläfer“ mutierten US-Soldaten, Lieblings-Serie von Präsident Obama, wird mit Claire Danes und Damian Lewis in den Hauptrollen ab Februar in der ersten Staffel auch auf Sat.1 gewiss seine Anhänger finden.
Michael Haneke bürgt für den Rang Europas
Vorfreude auf einen weiteren Preisregen dürfen bereits Freunde des Musicals „Les Misérables“ entwickeln. Die opulente Verfilmung des Victor Hugo nachempfundenen Stücks aus den Vor-Wirren der Französischen Revolution entschied die Konkurrenz „beste Komödie oder Musical“ für sich. Hugh Jackman und die bezaubernde Anne Hathaway, die ab 21. Februar auch das deutsche Kino-Publikum stimmgewaltig in die Polstersessel singen werden, wurden mit Preisen für die beste Neben- bzw. Hauptrolle beschieden.
Aus europäischer Perspektive sticht – neben Christoph Waltz – die Auszeichnung der Senioren-Milieustudie „Liebe“ von Michael Haneke hervor. Der in München zur Welt gekommene österreichische Regisseur hatte schon 2010 mit „Das weiße Band“ den Preis für den besten auswärtigen Film errungen.
Haneke bedankte sich in schwer erträglichem Englisch mit Wiener Akzent für die Ehrung, die ihm aus der Hand von Arnold Schwarzenegger zuteil wurde, dessen Englisch nach Jahrzehnten in Hollywood vielen Zuhörern noch immer ins (Steier-) Mark fährt.
Was sonst noch war? „Girls“, die Kult-Serie um junge New Yorker Gören von und mit der nicht nur auf dem Schulterblatt tätowierten Lena Dunham, siegte wie programmiert. Die Moderatorinnen des Abends, Tina Fey und Amy Poehler, zogen sich und das männliche Geschlecht unterhaltsamst durch den Kakao. Nur Tommy Lee Jones, inzwischen zur Ganzkörpergesichtsfurche verwittert und in „Lincoln“ dessen großartiger Widersacher, war den ganzen Abend über Sklave seiner schlechten Laune.