Essen. Buchautorin Hanna Rosin beschwört „Das Ende der Männer.“ Frauen profitieren, so Rosin, von boomenden Berufsfeldern und lassen die Männer in Schockstarre zurück. Ihr Buch startet eine Debatte über moderne Paarbeziehungen. Doch einige der Thesen lesen sich arg rückwärtsgewandt für eine Zukunftsvision.

Die Geschichte, die die amerikanische Journalistin Hanna Rosin in ihrem Buch „Das Ende der Männer“ erzählt, beginnt im Jahr 2009. In ihrem Ferienort an der Küste bemerkte sie, dass gar keine Männer mehr zu sehen waren: Weder fuhren sie wie früher am Samstagabend auf der Hauptstraße herum, noch begleiteten sie ihre Familien in die Eisdielen, Supermärkte oder Sonntagsgottesdienste. Rosin begab sich auf die Suche. Sie fand: Eine Gesellschaft, in der Frauen in einem Drittel aller Familien die Haupternährerinnen waren. In der mehr Frauen als Männer einen Hochschulabschluss machen. In der arbeitslose Männer, die auf dem Bau, in der Industrie gearbeitet hatten, sich tief verletzt aus dem öffentlichen Leben zurückzogen – im Küstenstädtchen ebenso wie an vielen weiteren Orten.

Hanna Rosin schrieb erst einen Artikel für ein US-Magazin, später ein viel diskutiertes Buch. Nun erscheint „Das Ende der Männer“ auf Deutsch. Wie so oft aber ist die öffentlichkeitswirksame Rauchsäule größer als das Feuer selbst. Denn ein „Ende“ der Männer belegt Rosins Werk keinesfalls. Wohl aber enthält es interessante Beobachtungen über wirtschaftliche Veränderungen, die auch die Paarbeziehungen neu fordern.

Männer in Schockstarre

Rosin zufolge spalten sich die USA „in zwei auseinanderstrebende Gesellschaften“. Der Crash in Industrie und Bankwesen habe Männer der unteren und mittleren Schichten in Schockstarre zurückgelassen, so Rosin. Während Frauen zur Not die Rolle von Ernährerin und Erzieherin im Alleingang meisterten, zeigten Männer sich unflexibel. Weder wollten sie auf Berufe in boomenden Branchen ausweichen (Krankenpfleger, Kassierer), noch den Hausmann geben. Vor allem in den unteren Schichten führe der Aufstieg der Frauen dazu, dass Ehen geschieden oder gar nicht erst geschlossen würden – weil Frauen oft den Eindruck hätten, alleine besser klarzukommen.

Im oberen, gut ausgebildeten und gut verdienenden Drittel der Bevölkerung aber schienen die Ehen sogar stabiler zu werden. Rosin beschreibt ein „Schaukel-Modell“, bei dem Partnerin und Partner wechselweise für die Karriere des anderen zurückstehen. Sie hat sogar Paare gefunden, die genau planten, wer wem wann das Studium finanziert, wer sich wie lange um die (noch zu gebärenden) Kinder kümmern wird.

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Frauen sollten "erotisches Kapital" nutzen

Dass viele Frauen trotz aller Planung gestresst schienen, läge an ihnen selbst. Denn sogar jene Frauen, die einen zur Hausarbeit und Kindererziehung fähigen Partner hätten, gäben nur zögerlich ihren heimischen Hoheitsbereich ab, meint Rosin. Im Gegensatz zu den Siebziger-Jahren haben Amerikanerinnen nicht nur ihre Arbeitszeit deutlich erhöht, sondern auch die Zeit, in der sie sich mit ihren Kindern beschäftigen. Weniger Zeit verbrächten sie mit „Schönheits- und Körperpflege“.

Dadurch allerdings vernachlässigen sie, glaubt man Rosin, Karrierechancen: Es gehört zu den merkwürdigeren Passagen, dass sie nicht nur die Aufreiß-Kultur an US-Colleges preist (weil auch Studentinnen lieber mal raschen Sex hätten, als mit Beziehungen Lern-Zeit zu verplempern), sondern den Einsatz des „erotischen Kapitals“ als Karriereturbo empfiehlt. Das tönt doch arg rückwärtsgewandt.

Ohnehin ist die Story von ausgebooteten Männern und doppelt gestressten Frauen, so tragisch sie sein mag, nicht neu. Neu ist, dass hier eine die Zeichen der Zeit hochrechnet: Wenn das so weitergeht, dann sind schon morgen die superkompetenten, superaggressiven, supersexy Superfrauen an der Macht! Stellen wir uns das Buch mal ins Regal: Ist bestimmt lustig, in zehn Jahren nachzublättern, welche Prophezeiungen dieser Männerdämmerungs-Saga sich alle nicht erfüllt haben.