Frankfurt/Main.. Wie die Tate-Gallery zwei Bilder von William Turner zurückbekam, die 1994 in der Frankfurter Schirn-Kunsthalle gestohlen wurden – von Räubern, die sich im Museum einschließen ließen: Heute vor zehn Jahren endete die lange Geschichte eines irrwitzigen Kunstraubs.
Am 7 . Januar vor zehn Jahren kehrten zwei berühmte Gemälde in die Londoner Tate Gallery zurück. Kaum jemand hatte noch daran geglaubt. Schon 1994 waren sie aus der Frankfurter Kunsthalle Schirn geraubt worden waren. Achteinhalb Jahre hatte es gedauert, sie wiederzubeschaffen.
Was dabei im Hintergrund ablief, beschreibt einer der Hauptverantwortlichen in einem Buch, das Krimis wie „Die Thomas Crown Affäre“ oder „Ocean’s Eleven“ an Spannung nicht nachsteht.
Autor Sandy Nairne war seinerzeit Programmleiter der Tate. Jahrelang verhandelte er mit Polizisten und Agenten, Staatsanwälten und Politikern, traf sich mit Kontaktleuten. Die Hintermänner wurden nie gefasst, nur die drei Räuber, die sich am 28. Juli 1994 in der Kunsthalle hatten einschließen ließen, den Wachmann in einen Putzschrank sperrten und drei Bilder mitnahmen. Neben den beiden Turners „Schatten und Dunkelheit“ und „Licht und Farbe“ von 1843 wurde auch Caspar David Friedrichs „Nebelschwaden“ gestohlen.
Bilder waren je 12 Millionen Pfund wert
In seinem Tatsachenreport „Die leere Wand. Museumsdiebstahl“ rekonstruiert Nairne nicht nur die Wiederbeschaffung der Turners; er thematisiert auch grundsätzliche Fragen: Darf man Lösegeld zahlen für Kunst? Was motiviert Kunstdiebe? Meist, zitiert Nairne den früheren Leiter der Arts and Antiques Squad von Scotland Yard, dienen geraubte Gemälde in Unterweltkreisen zur Finanzierung von Drogengeschäften. Wie viel das Pfand wert ist, steht praktischerweise in der Zeitung.
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Die Turner waren mit je 12 Millionen Pfund Sterling versichert (14,8 Mio Euro). Als „Honorar für die erfolgreiche Wiederbeschaffung“ gab die Tate offiziell 3,5 Millionen Pfund Sterling aus (4,3 Mio Euro). Der Rest der ausbezahlten Versicherungssumme half übrigens beim Aufbau der „Tate Modern“. Bevor Nairne mit den richtigen Leuten in Kontakt kam, versuchten zahlreiche Trittbrettfahrer die Tate zu schröpfen. Die drei Diebe wurden 1995 in Frankfurt verhaftet, ein Ermittler hatte sich als Käufer ausgegeben. Die Bilder aber blieben verschwunden. Erst 1999 sagte ein Frankfurter Häftling dem Anwalt Edgar Liebrucks, er kenne den Besitzer der Turners. Der Anwalt wurde zur Schlüsselfigur, der Kontakt zur „anderen Seite“. Bis die Bilder zurück waren, dauerte es drei Jahre mit Aktionen am Rande der Legalität, Pannen inklusive.
Übergabe in der Stofftasche
Am 16. Dezember 2002 übergab der Mittelsmann im Frankfurter Sheraton-Hotel „Licht und Farbe“ - in einer blauen Stofftasche. Nach achteinhalb Jahren Krimi live „ein überwältigender Augenblick“. Nairne nennt die Bilder „Geiseln“, den Raub „Entführung“, hoffte stets auf ein „Lebenszeichen“. Als die Bilder zurück waren, sagt der Chefrestaurator: „Es ist, als träfe man einen alten Freund wieder.“