Freizügig wie Philip Roth, manisch wie Vladimir Nabokov: Howard Jacobsons Roman „Liebesdienst“ erzählt von den lustvollen Qualen der Eifersucht

Eifersucht, weiß der Volksmund, ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Und wenn die Sucht insgeheim Lust schafft? Diese Idee macht Howard Jacobson zum Gegenstand seines Romans.

Der Brite Jacobson, 1942 in Manchester geboren, zählt zu den anerkannten Autoren seines Landes. Im Jahr 2010 erhielt er die wichtigste britische Auszeichnung, den Booker Prize, für den Roman „Die Finkler-Frage“. Darin beschäftigte er sich auch mit seinen jüdischen Wurzeln. Nun wurde ein Roman von 2008, „The Act of Love“, ins Deutsche übersetzt. Doch ist „Liebesdienst“ mehr als ein nachgereichtes Werk. Wenn Jacobson die Geschichte einer seltsam anmutenden Passion erzählt, dann liest sich das wie eine Mischung aus Vladimir Nabokovs manischer „Lolita“ und Philip Roths leicht morbiden Körperlichkeiten.

Alle Männer wollen betrogen werden

Die Geschichte: Felix Quinn, Antiquar in London und verheiratet mit der schönen Marisa, behauptet: Alle Männer wollen betrogen werden. „Angst und Eifersucht,“ so Quinn, „waren keine Spaltprodukte der Liebe, sie waren die Liebe an sich.“ Er ist besessen von der Idee, seine Liebste in die Arme eines anderen zu treiben. Quinns Wahl fällt auf Marius, einen Mann, der bereits Erfahrungen als Verführer haben soll – laut Quinn. Marius ist ihm „eine Figur in einer obszönen Fiktion“. Ein Vertrag zwischen Quinn, Marisa und Marius soll schließlich Quinn Erfüllung bescheren: Und Quinn erzählt uns, was Marisa ihm erzählt, was Marius (vielleicht) getan hat. Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Leicht pervers anmutender Held

Das Ende kommt zwar überraschend. Noch überraschender aber ist die Tatsache, dass einer heute noch so etwas schreibt: einen erotischen Roman mit einem leicht pervers anmutenden Helden, der seine literarischen Vorgänger im Original zitieren kann. Einen Roman, in dem vor allem geredet wird und in dem das Eigentliche im Kopf stattfindet. Aber halt: Interessanterweise macht ein solcher Roman ja gerade am anderen Ende des literarischen Spektrums Quote. Auch in E. L. James’ „Shades of Grey“ werden die Helden von sadomasochistischen Leidenschaften getrieben. Auch hier aber geht es vor allem ums Darüberreden und, ganz wichtig, ums Verträgeschließen.

Wer nun den virtuosen Roman von Howard Jacobson liest, versteht vielleicht noch immer nicht die selbstquälerischen Aspekte der Liebe – aber doch, warum Unverbindlichkeit niemals die wahre Leidenschaft bescheren kann.

Howard Jacobson: Liebesdienst. DVA, 400 S., 22,99 Euro