New Orleans.. Derzeit auf Platz 2 der Krimi-Bestenliste: Sara Gran schickt die „beste Detektivin der Welt“ in das New Orleans nach „Katrina“. Heraus kommt ein gewisser Drehschwindel, der nicht nur in das Grauen aus Schutt, Schlamm und Schmutzwasser führt, sondern auch in Drogenwelten.

Erinnern wir uns noch an Katrina? Nein, nicht die Rothaarige aus der Parallelklasse, sondern die verheerende „Katrina“ der Meteorologen. Fast schon aus dem Gedächtnis gelöscht von Katastrophen andernorts, verwüstete der tropische Wirbelsturm im August 2005 die Küste am Golf von Mexiko, ließ die morschen Deiche rund um New Orleans brechen und die legendenumwobene Stadt in einem Grauen aus Schutt, Schlamm und Schmutzwasser versinken. Bis heute, will man den Berichten nur halbwegs glauben, hat sie ihr altes, immer schon labiles Gleichgewicht von romantischem Charme und scharfen sozialen Konflikten nicht wieder gefunden.

Die Autorin Sara Gran, 41 Jahre alt, hat dieser „Stadt der Toten“ nun ein literarisches Denkmal gesetzt. Und trotz ihrer exakten Beschreibung der gewaltigen, teils auch grotesken Zerstörungsfolgen ist dies keine Sozialreportage, fast schon das Gegenteil.

Die Welt ist aus den Fugen

Die Welt ist aus den Fugen, aber Caelia de Witt wird gerufen (und ist berufen), sie wieder einzurenken. Schließlich ist sie die „beste Detektivin der Welt“ – aber auch die Verrückteste, wie sie einräumen muss.

Das erzählt sie selbst, in schnellen, kurzen Szenen, die ohne Vorwarnung aus dem Heute ins Gestern, aus dem Alltag in die Fantastik, von der Aktion in den Traum, wenn nicht gar in den Drogenrausch springen. Messerscharfe Details, die dann doch zu einer anderen Welt zu gehören scheinen – Salvador Dalí und seine surrealistischen Kumpels lassen grüßen. Und wie in allen Büchern dieser Art gibt es eine Art Heilige Schrift voller Sentenzen zur Erklärung der Welt, die deren Rätselhaftigkeit aber nur noch steigern. Das ist in diesem Fall ein Werk des verschollenen Meisterdetektivs und Philosophen Silette mit dem Titel „Détection“.

Ein unglaublicher Fall

Der Fall ist simpel und unglaublich zugleich: Ein Staatsanwalt, der letzte Gentleman des Alten Südens, ist verschwunden, wurde erschossen, entpuppt sich erst als Knabenschänder, dann als vielfacher selbstloser Lebensretter im großen „Sturm“, halb Teufel, halb Engel (um einen deutschen Klassiker zu zitieren).

Fazit: Ein Krimi, der die Regeln nur befolgt, um sie genussvoll sprengen zu können. Ein Flirren zwischen Realismus und Fantastik: das ist gekonnt, irritierend und provozierend. Aber es bleibt auch Geschmackssache. Die „Stadt der Toten“ gleich zum ganz großen Roman und Beginn einer neuen Krimi-Epoche auszurufen, wie es manche bereits getan haben, das erscheint mir doch ziemlich – sagen wir: hyperrealistisch.