Essen. . Der neue Kinofilm bestätigt, dass sich das Leben immer noch die besten Stories ausdenkt. Wie die Geschichte von Kaspar Hauser hat auch „Wolfsbrüder“ von Gerardo Olivares ein Vorbild in der Wirklichkeit: Marcos Rodríguez Pantoja lebte zwölf Jahre unter Wölfen. Aber der Film reicht an die Realität nicht heran.

Das Leben schreibt die unglaublichsten Geschichten. Das stimmt, wenn man bedenkt, dass etwa Kaspar Hauser als Kind im Wald ausgesetzt wurde und erst als junger Mann entdeckt wurde. Nicht minder denkwürdig ist die Geschichte, nach der Gerardo Olivares Film „Wolfsbrüder“ entstand. Marcos Rodríguez Pantoja ist sieben Jahre als, als ihn 1946 seine schwer verschuldeten und verarmten Eltern an einen Grundbesitzer verkaufen. Er wird einem alten Ziegenhirten in den Bergen als Begleiter zugewiesen. Als diese neue Vaterfigur unvermittelt stirbt, bleibt Marcos allein in der Wildnis. Er lernt die Überlebensstrategien der Natur, rettet einem Wolfsjungen das Leben und freundet sich mit dem Tier an. Zwölf Jahre lang lebt Marcos in der Wildnis unter Wölfen – ohne irgendeinen Kontakt zu Menschen.

Diese wahre Geschichte hat sich in der Provinz Cordoba, in einem entlegenen Tal in der Sierra Morena zugetragen. Während das Land unter der Diktatur des Generals Francisco Franco schwärzeste Jahre erlebte, verschmolz Marcos mit der Natur. In Texttafeln zu Beginn und am Schluss wird in dem Film auf diesen historischen Umstand hingewiesen. Für die Filmerzählung bleibt das ohne Bewandnis, wie überhaupt eine Menge Dinge in „Wolfsbrüder“ schiere Behauptung bleiben.

Und es zeigt sich wieder einmal, dass außerordentliche Geschichten aus dem Leben noch lange nicht zu einem guten Film taugen, wenn Buch und Regie es nicht schaffen, das reale Drama glaubwürdig auf die Leinwand zu übertragen. Es gibt derart haarsträubende Zeitsprünge und wilde Behauptungen in diesem Film, dass man manchmal den Eindruck bekommt, eine mehrstündige TV-Miniserie sei hier auf knapp zwei Kinostunden verkürzt worden.

Der Film hat schöne Landschaftsbilder, als Leinwand-Abenteuer beweist er nur das Unvermögen seiner Macher. Es hätte schon genügt, ein paar Seiten in Jack Londons „Wolfsblut“ zu lesen und man hätte einen richtig guten machen können. Hat man aber nicht.