Gelsenkirchen. . Berührend, aber nicht unumstritten: Elisabeth Stöppler inszeniert Antonin Dvoraks Oper am Musiktheater im Revier. Es gab langen Beifall, durchsetzt von einigen Buh-Rufen. In der Titelrolle: Petra Schmidt, erst in Unschuldsweiß, dann in Blutrot.

Die Geschichte der Meerjungfrau, die sich unsterblich in einen schönen Prinzen verliebt, ist ein höchst romantischer, klassischer Märchenstoff. Nicht so im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier. Hier mutierte die Oper um die Nixe „Rusalka“ von Antonin Dvorak zu einem gewaltigen, kühnen und tiefgründelnden Alptraum. Fast fünfzehnminütiger Jubel vom Premierenpublikum für eine berührende Inszenierung.

Freilich mischten sich einige Buhs für das Regieteam um Elisabeth Stöppler darunter. Die junge Regisseurin, die in Gelsenkirchen in den letzten drei Spielzeiten große Erfolge mit ihrer Britten-Trilogie eingefahren hat, konzentriert sich in ihrer Sicht auf „Rusalka“ auf die Innenwelt der Figuren. So entsteht ein dichtes, beklemmendes, faszinierendes Psychogramm über die unerfüllbare und todbringende Sehnsucht eines Wasserwesens nach menschlicher Liebe. Die Inszenierung um diese Sehnsucht gerät packend, vor allem im zweiten Teil bildgewaltig und anrührend. Die Bühne (Annett Hunger) ist ein fast klaustrophobisch geschlossener Guckkasten, der in seiner Schlichtheit die Projektionsfläche liefert für ein grandioses Seelentrauma.

Petra Schmidt in unschuldsweißem Kleid gibt die Nixe mit klarem, lyrischem Sopran, bis in die kleinste Nuance und Gestik betörend und intensiv, verkörpert Schmerz, Leid, Liebe. Dong-Won Seos mit sattem Bass tönender Wassermann trägt Blaumann und einen Wasserkasten mit sich. Auch die anderen Figuren zeichnen sich lediglich durch Kostüme und wenige Requisiten auf der sonst leeren Bühne aus. Kontraste schärfen die Abgrenzung zwischen Elfen- und Menschenwelt: Der Prinz und seine Gesellschaft tragen schwarze Anzüge, Elfen (spielfreudig besetzt mit Dorin Rahardja, Silvia Oelschläger, Suzanne Pye) und Hexe kommen schrill und grell daher. Tenor Lars-Oliver Rühl changiert zwischen, ja, splitterfasernacktem Menschen hier, der sich in seiner schutzlosesten Form ganz dem unbekannten Wesen hingibt, und derbem Gewalttäter dort. Sehr präsent mit ausdrucksstarkem Mezzo zeigt sich Gudrun Pelker als grandios monströse Hexe.

Im zweiten Teil ist die weiße Bühnenbox nachtschwarz, die verstummte Nixe im blutroten Gewand schreibt Worte wie „Tod“ und „Liebe“ an die Wände, die sie nicht mehr sprechen kann. In großartigen magischen Bildern gerät Rusalka in einen tödlichen Strudel aus Verrat, Verzweiflung, Rache.