Düsseldorf.. Ein Ereignis – mit „El Greco und die Moderne“ präsentiert das Düsseldorfer Museum Kunstpalast den überzeitlichen Bildermagier.

Sein letzter Besuch ist über 100 Jahre her. 1910 war El Greco schon einmal in Düsseldorf zu entdecken – zusammen mit Gemälden französischer Impressionisten. Und hätte man sich damals zum Ankauf von zehn seiner Werke entschlossen – man hätte heute einen einzigartigen Schatz. Doch die Stadtväter winkten ab.

100 Jahre später hat Düsseldorf die Gelegenheit beim Schopf gepackt, doch noch ein El Greco-Mekka zu werden. 1,7 Millionen Euro sind allein aus dem städtischen Etat in das deutschlandweit einzigartige Ereignis geflossen. Dass man mit „El Greco und die Moderne“ nun in einer Liga mit Europameistern wie dem französischen Louvre und dem spanischen Prado spielt, wundert im Nachhinein sogar Museums-Chef Beat Wismer ein bisschen: „Wir haben nach Leihgaben gefragt und wir haben sie bekommen.“

Und was für welche ! Spektakuläre Greco-Gemälde wie die geheimnisumwobene „Öffnung des fünften Siegels“ aus dem New Yorker Museum of Modern Art oder der legendäre „Laokoon“ aus der Washingtoner National Gallery sind vertreten, auf dem der Maler den Kampf des trojanischen Kriegers in seine spanische Heimat Toledo verlegt.

Und man muss das überirdische Leuchten der Gewänder, das dramatische Flackern der Hintergründe einfach sehen, um zu ermessen, wozu dieser 1541 als Domenikos Theotokópoulos auf Kreta geborene Bildermagier vor 400 Jahren imstande war. Seine Bildräume sind so visionär, seine Figuren so gegenwärtig, dass man ihm den Titel als Wegbereiter der Moderne heute umstandslos abnimmt.

Die Bilder als B rücke zwischen Himmel und Erde

Wie sich das Werk des gelernten Ikonenmalers El Greco („Der Grieche“) auf die Künstler der Moderne, rheinische Expressionisten oder Vertreter des Blauen Reiters ausgewirkt hat, hat die Kunstforschung oft behandelt – die Ausstellung setzt es erstmals sinnlich und sinnhaft in Szene. Sie bettet einen großartigen Künstler und 44 seiner Werke in eine große Schau mit über 100 Arbeiten der frühen Moderne von Picasso bis Macke, von Cézanne bis Kokoschka.

Aber hingerissen ist man doch vor allem von der weihevollen Wucht der Greco-Gemälde, die hier wie eine Brücke zwischen Himmel und Erde funktionieren, zwischen apokalyptischem Feuer und gleißendem Auferstehungs-Leuchten. Die Apostel, die der Tizian-Schüler in Serien gemalt hat, sind dabei keine abgehobenen Heiligen vor goldenem Hintergrund wie zu byzantinischen Zeiten, sondern Menschen, deren intensiver Blick uns bis heute bannt.

Und so wie es El Greco gelingt, innere Gefühlslagen malerisch zum Ausdruck zu bringen, wird er ein Vorbild für spätere Generationen. Die Expressionisten begeistern sich für die seinerzeit so neuartige und verstörende Verzerrung und Verlängerung der Gliedmaßen, die sich in der Ausstellung nun aufs Schönste in Wilhelm Lehmbrucks „Emporsteigendem Jüngling“ spiegeln. Andere sind fasziniert vom Einsatz der farbigen Schatten wie in die „Beweinung Christi“ und verzückt von der ekstatischen Erregung der Körper, die Kritiker wie Carl Justi zu Anfang des 20. Jahrhunderts noch als „Fall für den Augenarzt“ abtun. Maler wie Paul Klee erkennen jedoch, dass da ein Meister der Bildregie am Werk gewesen ist, mit einer Farbigkeit zum Niederknien und dem Gespür für theatralische Gesten.

2014 ist Greco-Jahr

Die Bibel, sie bildet für El Greco bald nur die Folie für einen Film, der Leben heißt. Und manchmal erfindet er Szenen dazu, wie die an keiner Bibelstelle genannte „Entkleidung Christi“, auf die die farb- und lichttechnisch wirkungsvolle Ausstellungs-Architektur mit großen Gestus hinführt. Auch wenn man das Bild eine ganze Weile kaum noch ungestört sehen wird, denn der Schau gilt schon jetzt als bundesweiter Blockbuster.

El Grecos später neuer Ruhm wird sich in den nächsten Jahren noch mehren. 2014 feiert man seinen 400. Todestag. Spektakuläre Leihgaben, wie sie jetzt in Düsseldorf zu sehen sind, wird man dann über die ganze Welt verstreut suchen müssen.