Essen. . Aufhören? Von wegen! Der erfolgreiche Medizinkabarettist bringt im Februar sein fünftes Programm heraus: „Dat Schönste“. Ein Gespräch mit Ludger Stratmann über seine Banklehre, den Dschungel und Kollegen aus Komik und Klinik.
Eigentlich soll man aufhören, wenn’s am schönsten ist. Ludger Stratmann denkt nicht dran: „Dat Schönste“ tauft er sein neues Programm, weit davon entfernt, den Komiker-Kittel an den Nagel zu hängen. Lars von der Gönna sprach mit dem ihm über Silikonskandale, Kollegen und den Blick in den Spiegel.
Über zwei Millionen Zuschauer haben Ihr Medizin-Kabarett live gesehen, diese Zahlen sind von Ihnen. Sie lieben die Statistik…
Ludger Stratmann: Das steckt so drin. Ich war ja früher Bankkaufmann. Ich hab bei der Sparkasse Essen ‘ne Lehre gemacht und war da auch zwei Jahre. Erst dann kam das Medizinstudium.
Hat Ihnen die Banklehre was genützt, als die Märkte zusammengebrochen sind?
Stratmann: Nee, aber ich war froh, dass ich da kein Banker mehr war (lacht). Der Beruf hat sich offenbar stark verändert. Wir haben damals gelernt, Kredite möglichst zu vermeiden, Heute sind Sie bei einer Bank der King, wenn sie möglichst viele vermitteln. Da wundert einen dann eigentlich nichts mehr.
Die meisten sehen in Ihnen aber den Mediziner.
Stratmann: Tatsächlich kommen immer noch mal Leute, die von mir als Arzt was wissen wollen, denen sage ich: „Also ich würd’ mich von mir nicht mehr behandeln lassen!“ Nach 16 Jahren Bühne sollte man das lassen. Obwohl ich heute rein wissenschaftlich besser drauf bin: Das „Westfälische Ärzteblatt“ lese ich heute von vorne bis hinten. Als ich noch praktiziert habe, hatte ich dafür gar keine Zeit. Da nahm man so was dann stapelweise mit in den Urlaub.
Gibt es noch ein Zurück in die Arzt-Praxis?
Stratmann: Nein, das wäre schon wegen der Popularität unmöglich. Wenn ich jetzt noch mal in meine Praxis gehen wollte: Die Leute würden mich ja gar nicht mehr ernst nehmen.
Dennoch sehen Sie aktuelle Ereignisse auch als Mediziner. Den Silikonskandal etwa. Denken Sie dann: Die Leute sind selbst schuld?
Stratmann: Nein, die Menschen gehen mit einem Gottvertrauen an so eine Sache. Ich bin da eher auf der Patientenseite. Ich ärgere mich auch über Plastische Chirurgen auf der „Kö“, die nur Privatpatienten behandeln. Das sind für mich Parasiten des Gesundheitssystems. Oder über jemanden, der als sogenannter Transplantations-Papst unsaubere Geschäfte macht. Da werden Ur-Ängste des Menschen ausgenutzt, das find’ ich ganz schäbig.
„Ich kann schlecht nein sagen!“
Live-Auftritte, die Sendung „Stratmanns“, zuletzt ein Wanderformat. Wie dosieren Sie Ihre Präsenz?
Stratmann: Ich kann schlecht nein sagen. Aber von einem Stratmann-Overkill bin ich weit entfernt. Die wollten mich auch fürs Promi-Dinner und solche Sachen. Oder Dschungelcamp. Oder Quiz – bloß nicht! Kann ich nur verlieren.
Verlieren beim Quiz? Sie stapeln tief…
Stratmann: Nee, wirklich. Ich bin so alt, ich kann nicht mehr schnell genug denken. Ich würde mich nur blamieren. Warum soll ich da hingehen?
„Patienten haben ein Sicherheitsbedürfnis“
Herr Doktor Stratmann, warum gehen die Deutschen so gerne zum Arzt?
Stratmann: Ich kann das nur für meine Praxis sagen: Ich hatte ein großes Wartezimmer, da konnte man sich schon mal sehr schön unterhalten. Da trafen sich die Leute aus dem Viertel. Aber ganz wichtig ist auch das Sicherheitsbedürfnis. Wer sich Montagmorgens in den Kopp setzt, dass er Prostatakrebs hat und schon mittags um 12 beim Arzt Entwarnung kriegt, für den ist der Tag doch gerettet – wenn ihm nicht Dienstag wieder was Neues einfällt.
Ihr neues Programm heißt „Dat Schönste“. Was ist „dat Schönste“ am Arztsein?
Stratmann: Das Gefühl, wichtig für andere zu sein. Helfen zu können, wie man sich das als Student schon erträumt hat.
Und dat Schönste am Komikerberuf?
Stratmann: Der Applaus, die herrliche Freizeit, das Unwichtigsein. Und dass – anders als beim Arzt – nicht direkt einer stirbt, wenn man mal nicht kommt. Dann verlieren die Zuschauer bloß ihr Eintrittsgeld, nicht gleich das Leben.
„Ich hab’ keine Botschaft wie die großen Kabarettisten“
Haben Sie als Quereinsteiger einen Sonderstatus unter den Komikern?
Stratmann: Klar hab’ ich einen anderen Background. Dadurch sehe ich vieles lockerer, ich habe nicht diesen Druck. Ich hab’ auch keine Botschaft wie die großen Kabarettisten wie Dieter Hildebrandt oder Richard Rogler. Aber ich habe ein ausgesprochen herzliches Verhältnis zu den Kollegen. Die sind sehr nett, absolut kollegiale, sympathische Typen. Ehrlich: In manchen westfälischen Ärztevereinen gibt es mehr Arschlöcher als im Showgeschäft.
„Dat Schönste“
„Zu schade für die Versenkung“ findet Stratmann die schönsten Nummern aus vier Programmen. „Mehr als ein Best Of“ verspricht er fürs Fünfte aber doch. Termine im Februar im Stratmanns-Theater: 10. - 12., 23.-26. Tel. 0201-8204060. Mehr Termine: www.doktor-stratmann.de
Wir sind fast fertig. Vervollständigen Sie doch bitte noch folgende Sätze. „Wenn ich morgens in den Spiegel sehe...
Stratmann: ...dann denke ich: Oh Gott, muss aufhören!“
Ein halbvoller Zuschauerraum ist…
Stratmann: ...solange die alle vorne sitzen: nicht so schlimm.
Wenn ich noch mal geboren werde,…
Stratmann: ....dann werde ich vom fünften Lebensjahr an Komiker.