Es geht um Intelligenz, Verschwörung und die Macht der sozialen Netze: Der Journalist Florian Felix Weyh macht das Internet zum Romanthema: „Toggle“ liest sich aber nur streckenweise spannend.
Die Arabellion nutzte die sozialen Netze des Internet als Waffe im Kampf für Demokratie. Was aber wäre, wenn jemand Google und MySpace als Werkzeug für eine ganz neue Staatsform einsetzen wollte? Eine, die den Intelligentesten (und nicht den Meisten) die Macht zubilligt? Dieser Frage geht Journalist Florian Felix Weyh nach: im Romandebüt „Toggle“.
Die Verballhornung ist Programm. MySpace und Facebook verschmelzen bei Weyh zu „Myface“. Und aus Schloss Elmau wird „Mellau“. Dort treffen sich einige Mitglieder des illustren Clubs der „Tausend“ – die intelligentesten Menschen der Welt – auf Einladung der „Toggle“-Deutschlandchefin Melissa Stockdale, um für „Toggle Books“ Werbung zu machen. Dann aber wird Melissa Stockdale tot im Bach gefunden. Und ihr Personalchef Nikolaus Holzwanger soll als neuer Chef „Unstimmigkeiten“ im Unternehmen aufdecken. Was er schließlich findet: Die Reste eines Computerprogramms namens „Toggle Democracy“, das bei Abstimmungen nicht einfach jedem Menschen eine Stimme gibt – sondern jenen Anteil einer Stimme, der seinem „Wert“ als Mensch entspricht.
Häppchenweise arbeitet sich Weyh vor, bis die ganze danbrowneske Verschwörung inklusive ihrer historischen Verankerung vor uns liegt. Warum ein vergessenes Werk des Abbé Galiani unbedingt bei „Toggle Books“ eingescannt werden soll, das erfahren wir in Zeitsprüngen ins Jahr 1768 – hier liegt der Keim für „Toggle Democracy“, hier begründet sich der Herrschaftsanspruch der Intelligentesten. Hier gerät das fiktive Galiani-Dokument in die Hände der russischen Familie Fünfgeld – die sich später bei „MyFace“ einkaufen wird, um die Daten in Menschenwertberechnungen einfließen zu lassen. Ein naheliegender Gedanke in Zeiten, in denen die Zahl der Facebook- und MySpace-Freunde ja bereits über unser soziales Ranking bestimmt.
Weyhs Denkarbeit also ist beachtlich und auf der Höhe einer Zeit, die von Sarrazin-, Datenklau- und Privatsphärendebatten geprägt ist. Bei der Literaturwerdung der Ideen aber verheddert der 48-Jährige sich in einem allzu großen Personalbestand – viele Fäden bleiben am Ende einfach liegen, im Mittelteil nimmt die Spannung beträchtlich ab. Die historischen „Intermezzi“ wären kürzbar.
Das alles ist umso bedauerlicher, da es gerade jüngere, weniger ausdauernde Leser abschrecken dürfte. Also jene, die „Toggle“ und „MyFace“ so begeistert und vertrauensvoll nutzen.