Washington/Cleveland. . Wo sich Ruhm auszahlt: Die neuen Mitglieder der Rock’n’Roll „Hall of Fame“ in Cleveland stehen fest. Die Gunners und viele andere dürfen sich auf zusätzliche Platten- und CD-Verkäufe freuen. Eine Aufnahme in der Walhalla des Pop hebt den Marktwert um 60 Prozent.

Einmal im Jahr treten die Gemeinsamkeiten von Vatikan und Rock’n’Roll in einer kleinen Stadt am Erie-See offen zutage. Wie der weiße Rauch, der nach geheimer Sitzung die Wahl eines neuen Papstes bedeutet, so steigen über Cleveland/Ohio die Namen der neuen Heroen ins Dachgeschoss der 1995 von dem chinesisch-amerikanischen Renommier-Architekten I.M. Pei für 130 Millionen Mark geschaffenen “Rock and Roll Hall of Fame” auf. Zu den gestern frisch Auswerwählten gehören: „Guns N’Roses“, „Red Hot Chili Peppers“, „Beastie Boys“, „The Small Faces/Faces“, „Donovan“, „Freddie King“ und „Laura Nyro“.

Für die neuen Mitglieder der Ruhmeshalle, die 1986 mit Granden wie Chuck Berry, James Brown, Ray Charles, Sam Cooke, Fats Domino, The Everly Brothers, Buddy Holly, Jerry Lee Lewis, Elvis Presley, Little Richard und John Hammond begann, ist die Ehrung bare Münze wert. Während ein Grammy ein einziges Album adelt, wertet ein Platz in der “Hall of Fame” die komplette Diskographie eines Künstlers „in punkto Umsatzzahlen um bis zu 60 Prozent auf“, wie die Firma Nielsen Soundscan ermittelt hat. Dass es dabei ums große Geld geht, zeigt ein Beispiel aus vergangenen Tagen: Fleetwood Mac verkauften 1997 gut 500 000 Platten. Da sich zwischen 2000 und 2010 in Amerika der Umsatz beim Verkauf von CDs, DVDs und anderen Musik-Produkten von 14 Milliarden Dollar auf zuletzt sieben halbiert hat, ist die Auszeichnung in der „Hall of Fame“, die frühestens 25 Jahre nach Erscheinen der ersten Platte vergeben werden darf, ein wichtiger Umsatzheber.

Dabei war der Ausleseprozess schon immer Auslöser von kritischen Diskussionen. Schließlich ähnelt die Veranstaltung stark dem Gebaren einer Geheimloge. Zunächst nominiert ein Gremium von 30 Musik-Kritikern, Rechtsanwälten und Managern der Musikindustrie nach unbekannten Maßstäben 15 Kandidaten. Diesmal traf es neben den Gewinnern noch: The Cure, Eric B. & Rakim, Heart, Joan Jett and The Blackhearts, Freddie King, Laura Nyro, Rufus with Chaka Khan, The Spinners, Donna Summer und War.

Dieser Liste widmet sich später ein Mega-Komitee, bestehend aus gut 500 stimmberechtigten Juroren; darunter auch frühere Gewinner, und bestimmen die Glücklichen. Wie? Warum? Keiner weiß genaues. Jon Landau, Manager von Bruce Springsteen, berichtet im Gespräch mit der New York Times von “persönlichen Vorlieben” und davon, dass alles “traditionell immer geheim bleibt”.

Eine Geschäftsordnung, die schon zu allerlei Verwicklungen geführt hat. Etliche Branchengrößen wie Alice Cooper oder die Bee Gees waren ein gutes Dutzend Mal (oder öfter) nominiert, bis sie endlich in die Walhalla des Rock’n’Roll aufgenommen wurden. Die Bombast-Rocker „Guns N’ Roses“ dagegen kamen bereits bei der allerersten Gelegenheit in den Olymp. Einigen wenigen wurde der Ehrenplatz in der blau ausstaffierten Kuppel unter dem Dach gleich mehrfach reserviert. Spitzenreiter mit drei Verewigungen hinter Glas ist Eric Clapton, der für seine Schaffenskraft bei den “Yardbirds”, bei “Cream” und als Solist zu Ehren kam. Bis von den Gewinnern 2011 handelsübliche Memorabilien wie Bühnenkostüme, Plattenhüllen, Plakate und privater Ramsch in Cleveland zu sehen sein wird, vergehen noch Monate. Am 14. April nächsten Jahres steigt in Cleveland die große Party. Vielleicht mit einem Reunion-Konzert von Axl Rose, Slash & Co.