Essen. Kardinal Meisner setzt sich durch: Die katholischen Bischöfe trennen sich vom Augsburger Buchkonzern Weltbild.
Es ist das Ende eines mittleren Skandals und das vorläufige Ende eines Machtkampfes: Die katholische Kirche will sich vom Weltbild-Verlag trennen, „ohne jeden Verzug“. Das haben die katholischen Bischöfe in Würzburg beschlossen. Sie sind Gesellschafter des Augsburger Verlags.
Druck gemacht hatte zuletzt der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD). Ihm sowie 12 Bistümern und der Soldatenseelsorge Berlin gehört die Augsburger Verlagsgruppe. Und die war massiv in die Schlagzeilen geraten.
Denn zum Verkaufsangebot des einstmals eher volkstümlich-religiösen Zeitschriftenverlages gehören längst auch Bücher, die nicht gerade zum üblichen kirchlichen Themenkatalog passen. In dem Online-Angebot finden sich nämlich Titel wie „Zur Sünde verführt“, „Die Hure und der Mönch“, „Heiße Nächte der Leidenschaft“ oder auch „Das neue Kamasutra. Das große Buch der Liebeskunst“.
Es war vor allem der als konservativ geltende Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, der mit Nachdruck ein Ende des Geschäfts mit Sex-Titeln und den Verkauf des Verlags forderte. Es gehe nicht, fand er, „dass wir in der Woche damit Geld verdienen, wogegen wir sonntags predigten.“ Hier sei die „Welt in einer Weise in die Kirche eingedrungen, die schlicht nicht zu akzeptieren ist“.
Er hatte schon vor drei Jahren einen Versuch unternommen, einen Verkauf durchzusetzen. Erfolglos, wegen der Finanzkrise, so hieß es, sei der Konzern mit 1,7 Milliarden Euro Umsatz unverkäuflich. Erst nachdem die katholische Zeitschrift „PUR“ und das Branchenmagazin „Buchreport“ bisher kaum beachteten Porno-Bücher im Internet-Angebot publik machten, geriet die Kirche unter Druck.
Und nun erhielt Kardinal Meisner – ähnlich wie damals im Streit der Bischöfe um den Verbleib in der Schwangeren-Konfliktberatung – Unterstützung aus Rom. Papst Benedikt rüffelte seine Kirche. Im Gespräch mit dem deutschen Botschafter im Vatikan stellte er kürzlich klar: „Es ist an der Zeit, Prostitution wie auch die weite Verbreitung von Material erotischen oder pornografischen Inhalts, gerade auch über das Internet, energisch einzuschränken“. Die viel diskutierte Mahnung des Papstes, die Kirche müsse sich „entweltlichen“, erhält vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung.
Bitterer Beigeschmack
Daraufhin musste in der vergangenen Woche Klaus Donaubauer, Finanzdirektor im Bistum Augsburg, als Vorsitzender des Aufsichtsrates zurücktreten. Am Montagabend nun folgte der Beschluss der Gesellschafter, zu verkaufen. Der Geschäftsführer der Verlagsgruppe, Carel Halff, räumte gestern Versäumnisse ein. „Wer sucht bitte bei Weltbild nach diesen Titeln?“, fragte er. Und er bedauerte, „dass durch einzelne Internetangebote, mögen sie wirtschaftlich auch noch so unbedeutend gewesen sein, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens und der Gesellschafter gelitten hat“.
Die Bischöfe, die sich wegen der Sex-Romane in Würzburg versammelt haben, schweigen eisern zu ihrer Entscheidung. Aufschlussreich ist allein ein Hinweis in ihrer Erklärung. Darin sprechen sie den Aufsichtsratsmitgliedern Pater Hans Langendörfer und Matthias Meyer ihr „uneingeschränktes Vertrauen aus“. Langendörfer, Sekretär der Bischofskonferenz, war von konservativer Seite in der Kirche scharf angegriffen worden.
Neben der Debatte um Pornos und Pastoral hat der Verkauf aber auch noch einen bitteren Aspekt für alle Mitarbeiter. Sie dürften sehr verunsichert in die Weihnachtszeit gehen. Entsprechend besorgt äußerte sich die Gewerkschaft Verdi. „Eine Übernahme hat immer Synergie-Effekte zulasten der Arbeitnehmer“, warnt Thomas Gürlebeck von Verdi in Augsburg. Ein Käufer ist indes noch nicht bekannt.