Essen. . Die exzentrische Britin widmet ihr exzellentes neues Album der kalten Jahreszeit. Dabei schlüpft sie in die Perspektive einer Schneeflocke, jagt dem Yeti hinterher und hat eine frostige Romanze mit einem Schneemann. Eine Platte, die für den Winter schwärmen lässt.
Der kreative Schaffensdrang der Kate Bush äußert sich in absonderlichen Abständen. Erst brachte sie 17 Jahre lang nur ein einziges Album („Aerial“) heraus, nun in diesem Jahr schon das zweite Werk, und eines mit Konzept dazu. „50 Words For Snow“ könnte das schönste Winteralbum des Jahres sein, von einigen Flecken in der ansonsten makellos weißen Klangdecke mal abgesehen.
Bush tanzt auf dem Thema Schnee wie eine Flocke in der Windböe. Gleich zu Beginn schlüpft sie in die Rolle eben jener Flocke, die langsam zu Boden fällt. Es ist ein sehr langes Gleiten von über neun Minuten, das mit seiner entschleunigten, balladesken Pianobegleitung von großer innerer Ruhe zeugt – außer in jenen Momenten, in denen die stolze Mutter ihr heute tiefes Timbre vom schrillen Knabensopran ihres Sohnes Albert unterbrechen lässt. Das trübt den Genuss ebenso wie die schrägen Knabenchöre in der frostigen Geisterstory „Lake Tahoe“.
Dass Kate Bush ein schon absurd intimes Verhältnis zum Winter entwickelt hat, davon zeugt auch der Song „Misty“, der von einer hautnahen Beziehung zu einem von eigener Hand geformten Schneemann erzählt.
Eisige Romanze in 13 Minuten
Als Songschreiberin gibt Bush sich hier gesetzt und selbstsicher, davon zeugen die Arrangements, die teils kunstvoll ineinander verschachtelt sind – und im Falle der eisigen Romanze mehr als 13 Minuten beanspruchen.
Die exzentrische Sängerin erzählt zudem eine Geschichte vom Yeti und wagt mit „Snowed In On Wheeler Street“ ein leicht kitschiges, aber anrührendes Duett mit Elton John.
Wie Fußspuren auf einer Schneefläche
Die stärksten Momente beschert sie uns mit dem rhythmischen Treiben des Titelstücks „50 Words For Snow“, dessen Strophen aus nichts als einer Aufzählung von Wörtern für Schnee besteht, rezitiert von Schauspieler und Allrounder Stephen Fry. Bush steht mit dem anfeuernden Refrain beinahe im Hintergrund, und doch prägt sie sich damit ein wie Fußspuren auf einer Schneefläche.
- Kate Bush: 50 Words For Snow (EMI)