Essen. . „Von A bis Z“ heißt die aktuelle Ausstellung im Essener Ruhr Museum. Ein Einblick in das umfassende Bildarchiv aus 2,5 Millionen Aufnahmen.

Wer erst einmal anfängt, in einer Bilderflut von 2,5 Mio. Aufnahmen zu kramen, der kann unmöglich auf Vollständigkeit, Chronologie und ausgewogenes Name-Dropping achten. Wer aus 2,5 Mio. Aufnahmen knapp 300 Bilder auswählen muss, der kann gar nicht anders als beherzt subjektiv zuzugreifen. Und so steht die neue Fotoschau „Von A bis Z“ im Essener Ruhrmuseum gewissermaßen auch für A wie Ausschnitt auf Z wie Zollverein. Sie gewährt Einblick in 150 Jahre Zeit- und Fotogeschichte, die in der größten und bedeutendsten fotografischen Sammlung der Region versammelt ist.

Wer so viel zusammengetragen hat an Geschichts- und Menschenbildern, an Industrie- und Landschaftsfotografie, der bekommt irgendwann natürlich die Aufforderung: Zeig doch mal die Bilder! Weil das Unterfangen so gewaltig ist, wurde die Schau zumindest in zwei Abschnitte unterteilt. Bis Juni 2012 kümmert sich die Ausstellung um Themen von A bis I, danach geht’s weiter im Alphabet.

Es gibt hier kein tragendes Thema, es gibt Kapitel. A wie Ausschuss etwa, denn auf den zahllosen Glasplatten, Diapositiven und Rollfilmstreifen, die Sigrid Schneider und ihre Mitarbeiter Jahr für Jahr sichten und in Rollschränken archivieren („Wir konzentrieren uns ganz auf das analoge Material“) befinden sich nicht nur Meisterwerke. „Wir könnten eine ganze Ausstellung allein mit Fotografenschuhen machen“, lacht die Leiterin der Fotografischen Sammlung – sechs davon sieht man auch. Wie hier überhaupt jedes Foto stellvertretend für ein paar hundert andere seiner Art steht. Gerade die 50er-Jahre seien fotografisch ganz stark vertreten, wie auch die folgenden Jahrzehnte.

Dass die Bilder trotzdem nicht chronologisch gehängt sind, sondern sortiert nach Themen, macht auch eines deutlich: „Die Fotografie geht mit bestimmten Themen immer ziemlich gleich um“ , sagt Sigrid Schneider. Und wer auf Helga Hetheys Aufnahme aus einem Essener Möbelhaus von 1950 blickt, der kann in dieser leeren Werbewelt aus Doppelbett und Plastikpalme durchaus die coole Tristesse der heute ebenso angesagten wie hoch bezahlten Düsseldorfer Fotoschule erkennen.

So wechseln vertraute Themen und bekannte Blickwinkel mit überraschenden Motiven und noch nie gezeigten Fotoschätzchen. Regionale Profis und Amateure teilen sich dabei den Ausstellungsraum mit Fotoprominenz wie Albert Renger-Patzsch, Willy van Heekern, Timm Rautert, Brigitte Kraemer oder Bernd und Hilla Becher.

Essen in Trümmern

Die kleine Sehreise führt durch Raum, Zeit und Genres. Vom Akt bis zur Architektur, vom Porträt bis zur Einschulungs-Aufnahme. Der Zweite Weltkrieg liefert das G wie Geschichtsbilder: Essen in Trümmern und die Engländer auf der Villa Hügel. Zu D wie Dokumentation vom Reagan-Staatsbesuchen bis zur Willy-Brandt-Ansprache gesellt sich das E wie Erinnerung: Ein geradezu staatstragendes Gruppenbild der Beamten auf Zeche Osterfeld und der erste Schultag in Essen anno 1937. Zum Schluss kommt das I wie Inszenierung. Aber man darf ruhig vorher schon registriert haben, dass die Wiedergabe der Wirklichkeit auch in der guten alten Analogzeit schon grundsätzlich zu hinterfragen war.