Dortmund. . Eine Putzfrau hielt es für Schmutz statt Absicht: Sie schrubbte eine Arbeit des Künstlers Martin Kippenberger im Dortmunder U, die mit 800 000 Euro bewertet war, kaputt. Nun ist sie zerstört und nach Einschätzung der Museumsrestauratorin nicht wiederherstellbar.

Sauber ist es jetzt. Nur leider zerstört. Eine Reinigungskraft im Museum Ostwall im Dortmunder U hat ein 1987 erstelltes Werk von Martin Kippenberger falsch eingestuft – und eifrig geputzt. Ein Werk, dessen Versicherungswert bei 800 000 Euro liegt. „Bedauerlicherweise ist das wirklich passiert“, bestätigt Dagmar Papajewski von der städtischen Pressestelle. Am 21. Oktober wurde bemerkt, was sich offenbar einen Tag zuvor abgespielt hatte: Die Putzfrau einer Fremdfirma hat geschrubbt, was kein Schmutz, sondern Kunst war.

„Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen“, heißt Kippenbergers Werk. „Abstrus“ steht auf dem kleinen Turm aus Holzlatten, „Genugtuung“, ironischerweise auch „Wiedergutmachung“. Unter das Holzgestell hat der Künstler einen Plastiktrog gestellt und mit einer Patina versehen. Diese Patina fiel dem Putzeifer zum Opfer. „Die Einschätzung der Museumsrestauratorin ist, dass das Werk nicht wiederherstellbar ist“, so Papajewski.

Putzfirma ist eigentlich geschult

Wie es dazu kommen konnte, ist noch unklar: „Eigentlich sind die Reinigungskräfte angewiesen, mindestens zwanzig Zentimeter Abstand von jedem Kunstwerk zu halten“, sagt Dagmar Papajewski. „Jetzt gilt es zu klären, inwiefern die Firma ihre Mitarbeiter geschult hat. Das entzieht sich bisher unserer Kenntnis.“ Die Reinigungsfirma hat ihre Versicherung eingeschaltet. Die Kunstwerkeversicherung des Museums Ostwall schätzt jetzt den Schaden des Werks.

Besonders bitter: „Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen“ ist nicht einmal im Besitz des Museums Ostwall, sondern die Leihgabe eines Sammlers, der nicht genannt werden will. Dieser zeigte sich natürlich „wenig erfreut“ über den Vorfall, wie Dagmar Papajewski berichtet.

Totalschaden auch des „Lichtgeists“

Es ist der zweite Vorfall, den das Museum Ostwall seit dem Umzug ins Dortmunder U vor gut einem Jahr verkraften muss: Im Dezember 2010 stolperte ein Besucher in eine Skulptur von Otto Piene, den „Lichtgeist“. Totalschaden. Das Verfahren läuft noch, die Versicherungen haben sich bislang nicht geeinigt.

Moderne Kunst wird nicht von jedem sofort als solche erkannt. Am berühmtesten sind wohl die Vorfälle rund um Joseph Beuys: Eine Säuglingsbadewanne, die als Teil einer Wanderausstellung in das Schloss Morsbroich kam, trug den Vermerk, in ihr sei der Künstler als Baby gebadet worden – was ein unbekannter Frevler mit den Worten ergänzte: „Offenbar zu heiß“.

Die Beuyssche Fettecke

Damit nicht genug: Bei einer Ortsvereinsfeier der SPD Leverkusen-Alkenrath 1973 suchten zwei Frauen ein Gefäß, um die Biergläser zu spülen – und entfernten Mull, Vaseline und Heftpflaster so gründlich, dass der Sammler Lothar Schirmer gerufen haben soll: „Wie ein rasierter Kaktus!“ Legendär ist aber die Beuyssche Fettecke, die eine Putzfrau in der Düsseldorfer Kunstakademie 1986 einfach wegwischte – was das Land 400 000 Euro Schadensersatz gekostet haben soll.

Pech hatten die Macher der 12. documenta: Erst durchkreuzte die Kasseler Straßenreinigung die Pläne der chilenischen Aktionskünstlerin Lotty Rosenfeld – und säuberte kurzerhand die gerade erst von ihr mit weißen Klebestreifen in Kreuze verwandelten Fahrbahnmarkierungen. Und dann brachte auch noch ein Unwetter den zwölf Meter hohen Holzturm „Template“ von Ai Weiwei zum Einsturz. Einziger Trost: Diesmal war die Natur schuld – und der chinesische Künstler fand das Werk sogar „besser als vorher".

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